Re: Mikkos Album des Monats

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daniel_belsazar

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Mikko

Motorpsycho – The Death Defying Unicorn (DoLP, Stickman Records, http://motorpsycho.fix.no/)

Besetzung:

Kenneth Kapstad – drums
Hans Magnus Ryan – guitars, vocals
Bent Saether – bass, vocals
Ståle Storløkken – keyboards

plus Trondheim Jazz Orchestra and various jazz musicians

Trackliste:

Out Of The Woods
The Hollow Lands
Through The Veil, part I

Through The Veil, part II
Doldrums
Into The Gyre
Flotsam

Oh, Proteus – A Prayer
Sculls In Limbo
La Lethe
Oh, Proteus – A Lament

Sharks
Mutiny!
Into The Mystic

Mit dieser Platte haben sich die drei Norweger selbst übertroffen. Ich fand ja schon immer beeindruckend was sie so machten. Diese rund 90-minütige Rockoper ist jedoch so vielschichtig, so far out und macht beim Hören zugleich so viel Spaß, es ist kaum zu fassen. 2010 spielten Motorpsycho in ihrer aktuellen Besetzung beim Molde Jazz Festival zusammen mit dem Trondheim Jazz Orchester. Der norwegische Jazzpianist Ståle Storløkken hatte sie ein Jahr zuvor um eine Zusammenarbeit gebeten. Offenbar war die Zusammenarbeit erfolgreich, denn sie wurde fortgesetzt, und auf der Basis des Konzerts von 2010 wurde eine phantastische Rock Oper in Gemeinschaftsarbeit mit Storløkken geschrieben und arrangiert. Das Ergebnis ist hier nun zu hören. Phantastisch ist die Sache zunächst mal rein inhaltlich, denn es wird eine Seefahrer Legende gesponnen irgendwo zwischen Moby Dick, skandinavischer Sagenwelt und den Fantasy Szenarios typischen Frühsiebzieger Progs von King Crimson bis Yes. Nun ist das keine Oper im klassischen Sinn, aber ein konzeptioneller Aufbau ist schon vorhanden. Ebenso phantastisch ist die Verbindung von Rock und Jazz und sogar Ambient Music. Wie selbstverständlich fließt das in einander. So kann auch ich mit Jazz etwas anfangen. Die frühen King Crimson und Yes LPs mag ich ja heute noch. Mehr als einmal muss ich hier wieder an sie denken. Und auch das dritte Album von Man (das mit dem nackten Mann am Strand auf dem Cover) fällt mir hierzu ein. Und doch haben wir es hier mit einem typischen Motorpsycho Album zu tun. Dieses Archaische, der rohe unprätentiöse Rock Sound, der immer wieder aufblitzt, das ist dann eben nicht 1970er Prog, sondern absolut nach vorne gewandt. Wenn dann auch noch zahlreiche Bläser in scheinbar freier Improvisation erklingen und das Streichorchester einsetzt, ist man so überrascht wie überwältigt. Man muss diese Platte durchhören von Anfang bis Ende. Nur so erschließt sich ihre unglaubliche Wirkung. In gewisser Weise ist das Arbeit. Aber Arbeit, die Spaß macht. Es fügt sich schließlich alles zusammen und man ist erlöst und zugleich vollkommen begeistert von diesem Werk. Mit The Death Defying Unicorn haben Ståle Storløkken und Motorpsycho den Progrock vielleicht nicht neu erfunden, aber sie haben ihn auf eine bisher unerhörte Weise wiederbelebt, so dass er auf einmal wieder spannend und neu klingt! *****

Ja. Unglaublich, wie hier unterschiedlichste Musikstile im besten Sinne organisch verschmolzen werden – Jazz, basswummernder Hypnorock, moderne Klassik, psychedelischer Satzgesang und und und. Phantastisches Werk.

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The only truth is music.