Re: Mikkos Album des Monats

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mikko
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The Horrors – Skying (CD/DoLP, XL Recordings, www.thehorrors.co.uk)

Besetzung:

Faris Badwan – vocals
Tom Furse – keyboards
Rhys Webb – bass, keyboards
Joshua Third – guitar
Coffin Joe – drums

Trackliste:

Changing The Rain
You Said
I Can See Through You
Endless Blue
Dive In
Still Life
Moving Further Away
Wild Eyed
Monica Gems
Oceans Burning

Während ich in Finnland war im Juli sind etliche neue Platten erschienen, von wegen Sommerloch. Allerdings sind es dann doch nicht viele, die Kandidaten für mein Album des Monats wären. Und so fiel meine Wahl ganz spontan auf die dritte LP von The Horrors aus Londons Southend, die ich erst jetzt im August zum ersten Mal höre. 2007 erschien die erste LP der Jungs noch sehr geprägt von anderen „The“ Bands der Nuller Jahre und der Vorliebe der 7“45s sammelnden Bandmitglieder für obskuren Garage Beat der Sixties. Trotz guter Vor- und Ansätze klang das leider nur wild und hingerotzt, ohne wirklich zu überzeugen. Auf ihrem zweiten Album 2009 erkundeten The Horrors dann unter fachlicher Anleitung durch Geoff Barrow (Portishead) die düsteren Seiten der 1980er Jahre sowie ein wenig den Krautrock der 1970er. Das hörte sich bereits stimmiger, überzeugender an.
Und nun haben sie mit „Skying“ ihr bisher bestes Album veröffentlicht. Produziert haben die Jungs diesmal weitgehend allein und in ihrem eigenen Studio. Vom brachialen Lärm des Debüts ist kaum noch was übrig. Und die Düsternis von „Primary Colours“ ist einer verträumten Eleganz und einer gewissen psychedelischen Lässigkeit gewichen. Der Name The Horrors passt dazu eigentlich nicht mehr. Die LP beginnt mit „Changing The Rain“, einem Stück, das einerseits fette Britpop Produktionen von Tears For Fears bis Suede herauf beschwört, andererseits aber auch durch die intensive Verwendung von Rückwärts-Gitarren-Clustern und Phasing an Sixties Psychedelia denken lässt. „You Said“ wäre vor 15 Jahren auf der Spitze des Britpop Hypes gut denkbar gewesen. Hier, wie eigentlich auf dem ganzen Album, fällt der intensive und durchaus hörenswerte Gebrauch diverser Keyboards und Synthesizer auf. „I Can See Through You“ ist keine Coverversion der Psych Pop Nummer von The Episode Six aus dem Jahr 1967, sondern eine Eigenkomposition von The Horrors, aber die Atmosphäre des Tracks ist ganz ähnlich, auch wenn er wesentlich bombastischer klingt mit seinen aufsteigenden Synthesizer Kaskaden und den Streichersätzen im Mittelteil. Bei „Endless Blue“ treten die Gitarren mehr in den Vordergrund, sowohl als Unterstützung des treibenden Rhythmus, als auch mit einem kurzen Solo. Und auch „Dive In“ wird von einem hypnotischen Gitarrenriff eingeleitet. The Stone Roses lassen grüßen. Bei „Still Life“ wird wieder mit rückwärts laufenden Gitarrenloops gearbeitet, doch die Keyboards erinnern hier an OMD oder Human League. „Moving Further Away“ lässt im ersten Moment an Neu! oder La Düsseldorf denken, entwickelt sich aber dann mehr zu einem Zwitter aus Britpop und Acid Rock. Ein Track, der live bestimmt zu länglichen Improvisationen verleitet. Obwohl „Wild Eyed“ mit rund vier Minuten der kürzeste Track des Albums ist, hat man beim Hören den Eindruck endlos dahinzutreiben auf einem Strom von Klängen völlig entspannt. „Monica Gems“ klingt dann so unverschämt nach Suede, dass ich mich frage, ob sich Brett Anderson nun geschmeichelt fühlt oder eine Plagiatsklage einreicht, oder beides? „Oceans Burning“ ist der krönende Abschluss einer wirklich gelungenen Platte. Wie die meisten Tracks auf dem Album eher Midtempo bzw. getragen, baut sich die Nummer ganz langsam auf bis zum furiosen Crescendo von Gitarren und Keyboards unter Mithilfe von allerlei Soundeffekten. Eine fast perfekte Mischung aus Melancholie und Ekstase. ****

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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!