Re: Mikkos Album des Monats

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klienicum

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@ mikko: deinen konstanten einsatz hier möchte ich würdigen. außerdem ist die auswahl deiner kandidaten durchweg klasse. es gab kaum einen ausfall, und wenn (aus meiner warte), dann war er gut begründet.

die aktuelle okkervil river gefällt mir ebenfalls, ob es zu so einer hohen wertung wie bei dir reichen wird, glaube ich jedoch nicht. das nonplusultra der band bleibt „black sheep boy“, bitte noch mal reinhören!

ich hatte vor einiger zeit ein paar gedanken zu den einzelnen tracks notiert. ich hoffe, es ist für dich ok, wenn ich sie hier platziere:

01 The Stand Ins, One: ein wabernder synthiesound sticht aus den boxen, unvermittelt, direkt, hielte er an und würde sich über ihm ein song gestalten, sheffs stimme arbeiten, ich überschriebe mein leben dieser band (das ist ein klang, wie er aus dem all tönt, er ruft, wie aus dem mutterleib, ich fühlte mich selten beheimateter als in den ersten fünfundzwanzig sekunden dieses tracks), leider ist es nur ein ’stand in‘ und leitet über in:

02 Lost Coastlines: ein banjobegleiteter, beschwingter, rhythmisierter aufreger, dunkel und zugleich klar die stimme des beständigsten bandmitglieds, handclaps, toller wechsel von vollprogramm mit hymnischem gesang zu reduktion und einförmiger intonierung, nach 5,5 minuten mit trompeten und taumel ist schließlich schluss

03 Singer Songwriter: eine orientierungslose gitarre, ein americana- schwinger und die karre ordnet sich wieder in den verkehr ein, der fahrer summt die melodie sofort mit, vertrauter klingen sonst nur kinderlieder, gelegentliches aufbegehren, doch der refrain ist der chef im ring, alles ordnet sich ihm unter

04 Starry Stairs: schlittenglocken, ein schiefes grinsen auf dem saitenbezogenen holzbrett, eine greinende simme, die orgel tut, was sie am besten kann, sie betet, und wieder so feine harmonien: „if you don’t love me, i’m sorry“, konternde bläser, hach, „she’s not me“

05 Blue Tulip: beginnt wie track ‚3‘ vermuten ließ und steigert sich doch mit gitarrensolo und fliehendem orgeltageswerk, irgendwie unausgewogen, kommt und geht und läßt den hörer in unsicherheit zurück, wabernde sechs minuten, zerschlissen am ende das aufnahmevermögen

06 The Stand Ins, Two: zum glück kommt nun nur ein kurzes einspiel, ein klingendes ding, es erdet und befriedet und eröffnet zugleich die poren für das kommende

07 Pop Lie: auf diesen popper war man wenigstens etwas vorbereitet, klingt, als hätte man auch den schon gehört (wie track 3), aufgeregt, immer wieder die überhöhung antizipierend, mich nie wirklich ergreifend

08 On Tour With Zykos: sollte aber diesem song gelingen, ein schleicher, fieser einmischer, dem die gefühle kontrolliert übergehen, das klavier schlägt sanft an, die drums täuschen mehr vor, als sie geben wollen, im hintergrund gelingt einigen tönen die flucht, schön

09 Calling and Not Calling My Ex: die beschwingte note des albums findet hier eine fortsetzung, es könnte gut hier enden

10 The Stand Ins, Three: doch findige streicher leiten über in den abschliessenden song

11 Bruce Wayne Campbell Interviewed on the Roof of the Chelsea Hotel, 1979: erinnert an den unter dem moniker jobriath agierenden glamrock sänger, der offen zu seinem schwulsein stand, anfang der siebziger zwei alben herausbrachte, um sich später dem kabarett zu widmen, er starb an aids, der song schafft sehr gut die brücke zurück zum film, zum theatralischen, dem in gewisser weise die reise der beiden alben „the stage names“ und „the stand ins“ gewidmet ist.

ein schönes album, sicher, dennoch fehlt ihm die melodische vetracktheit von „black sheep boy“, dessen instrumentale spannung und der kick des besonderen, dazu die euphorie von „the stages names“, es ist irgendwo dazwischen anzusiedeln und dennoch vollführt es einen bestimmten schritt in richtung anpassung und mainstreamisierung.