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22 Pistepirkko – (Well You Know) Stuff Is Like We Yeah! (LP/CD, Bone Voyage, www.22-pistepirkko.net)
Besetzung:
Espe Haverinen – vocals, drums
Asko Keränen – bass, keyboards, backing vocals
PK Keränen – vocals, guitar
Trackliste:
01. Suburban Ladyland
02. Crazy Meat
03. Lizard
04. Angoulême 2036
05. Sky Girl
06. Zombie
07. Aquarius Zero
08. Garbage Land
09. Summer Triangle
10. Smileys Are Not Enough
11. Blue & Purple
12. Refrain From The Refrain
13. The Others
Das letzte Album meiner drei Lieblingsfinnen (Familienangehörige ausgenommen) war ziemlich rockig für ihre Verhältnisse. Eine Garage Rock Platte, könnte man sagen. Davor in den späten Neunzigern experimentierten sie mit modernen Sounds und machten Ausflüge zu Elektronik und Triphop. Ein Remix Album gab es auch. Auf dieser neuen Platte liefern sie nun die Synthese von all dem. Der LP Titel ist treffend gewählt. Denn diese LP klingt so sehr typisch nach Pistepirkko, wie zuletzt höchstens „Big Lupu“ oder „Rumble City La-La Land“. Ich höre diese Platte jetzt schon seit drei, vier Wochen immer wieder. Hab’ sie bestimmt schon mindestens 20x gehört. Und sie ist mir bereits fast so vertraut wie meine 100 Lieblingsalben. Ok, man muss schon ein Faible haben für einige Schrulligkeiten und schräge Sounds. Man darf sich nicht von PKs Stimme abschrecken lassen, die schon auch was von einem erkälteten Ziegenbock hat, der aber bei den ruhigen, verträumten Tracks ganz liebevoll spröde klingt und dadurch den Reiz noch erhöht. Man muss auch ein Faible haben für die oft sehr unorthodoxe Art der Jungs, sich klassische Idiome und Stile der Pop Geschichte anzueignen. Sei es Blues, Country, Sunshine Pop oder Psychedelia – alles kommt bei ihnen vor, allerdings immer gebrochen und durch eigene verschrobene Ideen und Klangcollagen verfremdet. Und doch klingt die Platte letztlich weit weniger experimentell, als man aufgrund meiner Beschreibung meinen könnte. Der Opener „Suburban Ladyland“ ist eine flott fröhliche Garage Pop Nummer, die in einer besseren Welt auf allen Sendern laufen würde. „Crazy Meat“ kommt als exaltierter Swamp Blues daher. „Lizard“ ist ein nachdenklicher und auch etwas geheimnisvoller Song über Abschied und Vergänglichkeit. Musikalisch sehr Americana orientiert. „Angoulême 2036“ ist typischer Psych Punk und erinnert sogar etwas an einen der ersten Single Hits der Finnen „Frankenstein“. „Sky Girl“ ist ein schlichtes und sehr schönes zartes Liebeslied, gesungen von Drummer Espe und von einer großartigen Slide Gitarre begleitet. „Zombie“ beschreibt die Freuden und Gefahren für Partygänger am Wochenende. Gerade in Finnland wird recht exzessiv Party gemacht, wie ich aus Erfahrung weiß. Die Musik dazu klingt entsprechend locker und eben partymäßig. „Aquarius Zero“ knüpft da an, kippt dann aber in eine fast ein wenig bedrohliche, zumindest aber völlig abgedrehte drogeninduzierte Stimmung. Die zweite LP Seite wird eröffnet von „Garage Land“, einer musikalischen Reise durch Raum und Zeit, untermalt von schunkelnden Rhythmen und swingenden Orgelklängen. „Summer Triangle“ bringt ausgelassene Party Stimmung mit einer weiteren käsigen Farfisaorgel und Slide Gitarrenriffs zu einer fröhlichen Kindermelodie. „Smileys Are Not Enough“ ist ein anrührendes, tragikomisches Liebeslied, wie es nur von den Brüdern Keränen ersonnen werden kann. Mit „Blue And Purple“ wird es dann wieder lockerer, flockiger, rockiger – jedoch nicht weniger absurd. Was da alles im Hintergrund brummt, zirpt, rückkoppelt – unglaublich! Absolut großartig ist „Refrain From The Refrain“. Eine phantastische Reise durch Absurdistan, musikalisch auf das Trefflichste umgesetzt. Anheimelnd gemütlich und zugleich hypnotisch verzaubernd. Ein sympathischer Basslauf entführt einen in eine andere Welt, in der Vocoderstimmen einem etwas zuraunen, Moog Synthesizer quaken und eine feine echobeladene elektrische Gitarre repetitive Motive aufführt. Phantastisch halt! Mit „The Others“ fassen die drei dann noch mal alles zusammen, ziehen ihre Schlussfolgerungen. Sie brauchen niemanden, der ihnen zeigt, wo es lang geht. Ein bisschen Hilfe haben sie sich dann aber doch für die Produktion und den Mix des Albums geholt in der Person von Mark Kramer, Gründer von Shimmy Disc in New York und Musiker mit so verschiedenen Bands wie Bongwater, Butthole Surfers, Ween oder Half Japanese. Das Ergebnis klingt natürlich wie eine typische 22 Pistepirkko Platte. Die eine oder andere Soundidee wurde aber womöglich von Kramer eingebracht. ****1/2
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