Re: Mikkos Album des Monats

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mikko
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Octopus Syng – Birds Of Morning Are Never Late (LP/CD, Nasoni Records, www.myspace.com/octopussyng)

Besetzung:

Jaire Pätäri – vocals, all instruments
Guest musicians:
Emilia Norppa, Marika Hyvärinen, Samuel Leminen – vocals
Joonatan Kotila – piano, organ

Trackliste:

A-Side
01. Just A Little Bit Trials
02. Festivals Of Twilight
03. Rose-red Telephone In 1969
04. Highways
05. One Brunette Girl
06. A Big Old White Spanish Manor-House
B-Side
01. I Feel Your Reverbs
02. Square Tragedy
03. Life Is So Simple
04. Bright Trees And Symbolic Keys
05. Let The Warmth Of Our Summer Last Long

Obwohl ich nun jedes Jahr im Sommer in Finnland bin und mich regelmäßig in den Plattenläden und vor den Konzertbühnen des Landes herumtreibe, ist mir dieser Künstler bisher entgangen. Octopus Syng ist im Prinzip eine One-Man-Band aus Helsinki. Jaire Pätäri heißt der Mann, der die Musik ersinnt, fast alle Instrumente spielt, und der als Octopus Syng nun schon seit rund acht Jahren Musik macht und Schallplatten veröffentlicht. Das hier ist seine zweite LP. Die Musik von Octopus Syng ist eine liebenswürdige Mischung aus verspielter, naiver Psychedelia, ein bisschen Folkrock, Singer / Songwritertum der frühen Siebziger Jahre und US-amerikanischem Westcoast Rock. Er selbst nennt Syd Barrett, Neil Young, The Doors und vor allem den finnischen Musiker Pekka Streng, der leider bereits 1975 im Alter von 27 Jahren an Krebs verstarb, als Einfluss. Streng, der 1970 eine Solo-LP und 1972 eine weitere LP in Zusammenarbeit mit der Band Tasavallan Presidentti veröffentlichte, hatte großen Einfluss auf die finnische Prog Szene der 70er Jahre. Den Einfluss auf Octopus Syng halte ich allerdings für mehr spiritueller Natur. Auch die Doors sind hier (zum Glück möchte ich fast sagen) nicht herauszuhören. Die erste Seite der LP klingt tatsächlich sehr nach Syd Barrett meets The Kaleidoscope (die englischen). Die Texte sind liebenswert naiv, naturbezogen und manchmal charmant holperig. Man merkt halt, dass Englisch nicht die Muttersprache des Autors ist. Sehr schön die weiblichen Backing Vocals bei vielen Tracks, die neben den vielen akustischen Instrumenten und der luftig leichten Produktion dem Gesamtsound etwas elfenhaftes verleihen. Der psychedelische Sound und die entsprechenden Arrangements sind es zwar, die den Gesamteindruck der Platte prägen, positiv prägen, wie ich betonen möchte. Aber die Songs sind keineswegs zu vernachlässigen. Wunderbare, manchmal an Kinderlieder erinnernde Melodien sind hier zu hören, die sachte ins Unterbewusstsein vordringen und sich dort festsetzen. Auf Seite 2 der Platte wird es zunächst etwas mystischer und verschrobener. Pink Floyd meets Krautrock möchte man sagen. Mit „Life Is So Simple“ gibt es aber auch den wohl schlichtesten und dennoch vollkommensten Track der ganzen LP. Der längste Track mit 8:30 ist „Bright Trees And Symbolic Keys“. Zugleich auch die deutlichste Verbindung zum Prog Rock auf dieser LP. Hier wird in Ansätzen sogar gerockt mit spacigem Drumsound, Keyboardflächen und dem obligatorischen Break zu einer folkigen Bridge mit großartigem Bass, Moog und Gitarren Solo und grandiosem Finale mit Frauenchor. Den Schluss der LP markiert dann wieder ein verträumter Folksong, der mich sofort an die zweite Seite von „Atom Heart Mother“ denken lässt. Sehr schön entspannt und entspannend ist auch diese LP hier. ****1/2

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