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Hab vorhin den wunderbaren Gershwin-Almanach von Chris Connor in voller Länge durchgehört, Connors Stimme gefällt mir ausserordentlich, von den kühlen „songbirds“ ist sie vielleicht meine allerliebste Sängerin (noch vor Peggy Lee und June Christy, Anita O’Day läuft ausser Konkurrenz). Aber ich bin froh, die Musik von allen hören zu können und Ranglisten sind ja eigentlich blöd.
Die frühen Aufnahmen für Bethlehem (zu finden auf den drei CDs „Sings Lullabies of Birdland“, „This Is Chris“ und „Chris“ bzw. auf einer Doppel-CD von Fresh Sound) gefallen mir schon sehr gut, zu hören ist Connor da mit kleinen Gruppen unter Leitung von Ellis Larkins oder Vinnie Burke, einem Orchester unter Sy Oliver, und besonders toll dann die letzte Session unter Leitung von Ralph Sharon – zur Band gehören da Herbie Mann, J.J. Johnson, Kai Winding und Joe Puma.
Der „purple patch“ von Connor folgt dann wohl mit ihren Atlantic-Alben. Das erste, „Chris Connor“, zählt für mich zu den schönsten Vocal-Jazz-Alben:
Wie auch auf „Criss Craft“ und „A Jazz Date with Chris Connor“ wird sie von hervorragenden Jazzmusikern in meist kleinen und mittelgrossen Settings begleitet. Auf den drei Alben tauchen u.a. auf: Zoot Sims, Bobby Jaspar, Danny Bank, Oscar Pettiford, Barry Galbraith, Nick Travis, Mundell Lowe, Percy Heath, Lucky Thompson, Al Cohn, Eddie Costa und Joe Wilder.
Daneben entstanden auch Session mit Orchestern unter Leitung von Ray Ellis, Ralph Burns und Ralph Sharon. Darunter ist wohl „Sings Ballads of the Sad Café“ mein liebstes, aber auch „Witchcraft“ gefällt mir.
Die Zusammenarbeit mit Maynard Ferguson („Double Exposure“ auf Atlantic und „Two’s Company“ auf Maynards Label Roulette) kenne ich bisher noch nicht, ebensowenig wie ein paar weitere orchestrale Atlantic Alben („He Loves Me, He Loves Me Not“, „I Miss You So“, „A Portrait of Chris“ und v.a. das spannend ausschauende „Free Spirits“).
Sehr schön ist auch das Live-Album, das 1959 für Atlantic entstand, „Chris in Person“, mit einer feinen Band aus Bill Rubenstein (p), Kenny Burrell (g), Eddie de Haas (b) und Lex Humphries (d).
Ein weiteres Highlight aus der Atlantic Zeit ist dann das Doppel-Album, das den Songs von George Gershwin gewidmet ist. Mit verschiedenen Combos nimmt sich Chris der schönsten Songs an. In den Bands spielen u.a. Joe Newman, Herbie Mann, Sam Most, Jimmy Cleveland, Al Cohn, Danny Bank, Eddie Costa, Mundell Lowe, Barry Galbraith, Joe Puma, Ralph Sharon, Hank Jones, Oscar Pettiford oder Osie Johnson.
In den Jahren nach Atlantic nahm die Aufnahmetätigkeit von Connor rasch ab, es entstanden als erstes zwei Alben für das kleine FM Label, ein Wegwerfalbum mit Songs, die sich um Paris drehen und eins der ganz grossen Alben von Connor, „At the Village Gate“.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ihre Stimme eine Schwere und Emotionalität gewonnen, die alle Lügen starft, die sie für ein Leichtgewicht halten. Begleitet von Ronnie Ball (p), Mundell Lowe (g), Richard Davis (b) und Ed Shaughnessy (d) liefert Connor hier vielleicht die stärkste Performance ihrer Karriere ab. Das Album erschien vor ein paar Jahren als Teil der Capitol Vocal Jazz CD-Reihe und sollte noch immer ohne Schwierigkeiten zu finden sein.
Aus den späteren Jahren bin ich nur noch mit einzelnen Aufnahmen vertraut. „Softly and Swingin'“ knüpft da an, wo „At the Village Gate“ aufhört, reicht aber nicht heran. Die beiden Alben, die ich aus den 80ern und 90ern kenne sind dann wieder anders, eine altgediente Sängerin, die sich im Mainstream bewegt, auf „Lover Come Back to Me“ mit Fred Hersch (live aus dem Sweet Basil in New York), auf „As Time Goes By“ mit Hank Jones.
Die Highnote Alben driften dann stellenweise schon fast in Easy Listening ab… wäre da nicht Connor mit ihrer immer noch starken Stimme. Ich kenne die ersten beiden, „Haunted Heart“ und „I Walk With Music“. Michael Abene hat die Bands geleitet, Bill Easley, Jack Wilkins und Ingrid Jensen tauchen als Solisten auf. Wie so manches von Highnote ist mir das etwas zu „smooth“ produziert und arrangiert, aber da ich Connor mag bereue ich die Anschaffung der beiden CDs keineswegs (hab sie sowieso billig aus Wühlkisten gerettet).
Eine ausführliche Diskographie findet sich auf den Seiten von Mike Fitzgerald, zusammengestellt hat sie Iván Santiago:
Chris Connor Bio-Discography
@katharsis: kenne von Lorez Alexandria nur das eine Album bisher… so geht’s halt den (98%-)CD-Käufern. Etta Jones ist bisher auch aus unerklärlichen Gründen stets an mir vorübergegangen, werde zumindest mal die RVG-CD von „Don’t Talk to Strangers“ suchen, die sollte immer mal wieder günstig herumstehen.
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