Re: Sonic´s Country Music Hall Of Fame

#5303721  | PERMALINK

sonic-juice
Moderator

Registriert seit: 14.09.2005

Beiträge: 10,983

BullittEtwas wiedersprüchlich finde ich deine Interpretation ihres Stilwandels im Vergleich mit der von Wikipedia. Aus welcher Quelle hast du dich denn informiert?

Die Interpretation (im Sinne einer qualitativen Wertung) beruht natürlich auf meiner eigenen Wahrnehmung ihrer Entwicklung und bezieht sich vornehmlich auf die Art, wie sie sich – nach meiner Auffassung – die Lieder im Laufe der Zeit stimmlich zunehmend souveräner und zugleich sensibler aneignete. Ihr Gesang auf „She´s Got You“ zB ist für mich wirklich göttlich und ein Höhepunkt ihres Schaffens. Diesen Nuancenreichtum höre ich bei früheren Aufnahmen noch nicht so ausgeprägt (aber das sind schon Feinheiten, weil auch viele frühe Einspielungen absolut herausragend sind).
Klar, die Arrangements ab ´60 sind gegenüber ihrer Four Star-Zeit homogener, popnäher und – zugegeben – auch luschiger und weichgespülter, was mich aber nicht stört. Wenn schon Schnulze, dann bitte die 100%!
Ist für mich eher eine Frage der Tageszeit und Stimmung, welche Phase mir mehr zusagt. Morgens Four Star, abends Decca, so ungefähr. :-)

(Gestern habe ich gerade nochmal die frühen Aufnahmen durchgehört, insbesondere die vergleichsweise heftigen und flotten Rockabilly/Rock n Roll-Nummern, und die haben mich wirklich umgehauen. Ganz ganz großartig!)

Welche Phase nun kommerzieller (in ggf. negativer Konnotation) war, lässt sich hingegen nicht so genau sagen. Die Stilexperimente der Four Star-Zeit waren ja ebenso darauf gerichtet, bestimmte Zielgruppen auszuloten wie die Pop-Ausrichtung ab 1960. Nur mit dem Unterschied, dass sie erst mit „I Fall To Pieces“, „Crazy“, „She´s Got You“ etc. so starkes Songmaterial (und so starke – im Sinne von chartstaugliche – Arrangements) hatte, dass sie damit tatsächlich regelmäßig in die Charts kam und zum Star wurde.

Was ich als „mehr Freiheit in der Wahl ihres Repertoires“ bezeichnet habe, hätte ich vielleicht noch weiter ausführen sollen. Es bezieht sich nicht auf ihre künstlerische Gestaltungsfreiheit, da sie wohl auch bei Decca die Arrangements von Bradley vorgesetzt bekam. Es bezieht sich, und das schließt nun an den vorigen Absatz an, auf das Song-Repertoire: Bei Four Star war sie vertraglich gezwungen, nur Songs zu singen, zu denen der Label-Eigner Bill McCall ihr die Zustimmung gab. Faktisch lief das darauf hinaus, dass sie mit wenigen Ausnahmen nur solche Songs aufnehmen konnte, die McCall selbst publizierte. Das Label Four Star verlieh Cline seit Beginn ihrer Karrierre an Decca und verdiente somit doppelt: an den „Mieteinnahmen“ für Patsy Cline und an den Veröffentlichungsrechten für die Songs.

Ab 1960, als sie direkt bei Decca gesignt war, konnte sie (und Bradley) dann freier wählen, welche Songs sie einsingen wollte.

(Als Quelle habe ich in erster Linie das über 60-seitige Buch zur Box genutzt, ferner Allmusic und Wikipedia.)

--

I like to move it, move it Ya like to (move it)