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na ja, wer 50 cents werdegang verfolgt hat, weiss dass er rapmusik seinerzeit neue impulse gegeben hat. 50 ist damals, als die plattenindustrie nichts von ihm wissen wollte
(columbia droppte ihn, während er wg der vielzitierten schussverletzungen ein paar wochen im krankenhaus lag, nachdem er schon ein album namens „power of the dollar“ für sie aufgenommen hatte)
neue wege gegangen. nicht nur geschäftlich
(er veröffentlichte das album auf eigene faust als bootleg, promotete sich über mixtapes die den strassenmarkt in den staaten beherrschen in dem umfang als erster kostengünstig selber – was zur folge hatte dass es mittlerweile tausende von dollars kostet auf diesen tapes unterzukommen – und brachte sich mit einem song namens „how to rob“, in dem er mit einem DEUTLICHEN augenzwinkern beschrieb wie leicht er sämtlichen damaligen Rap-megastars ihre klunker und kohlen abnehmen könne in der gesamten szene ins gespräch)
sondern auch musikalisch
(zu dem zeitpunkt war es z.b. unüblich auf den mixtapes, auf denen sich bis heute die eigentliche rap-szene abspielt, ganze songs zu performen. 50 fing damit an auch bei solchen tracks wieder melodiös gerappte hooks einzuführen, mehrere strophen zu performen und führte auch bei metaphern neue ideen ein).
sicherlich hat sich das mit dem erfolg geändert, er verpasste es, sich neu zu erfinden, trotzdem kann ich diese ständige verteufelung nicht mehr hören. ich bin kein fan mehr von dem mann, aber das eher aus musikalischen gründen und nicht weil ich seine videos nicht mehr sehen kann.
mein argument mit der abgrenzung war übrigens auch eher auf das entsprechende stadium bezogen, in dem dieser reflex entstand. mittlerweile hat sich das geändert – in amerika ist das rap-geschäft mit der gang-kultur sehr eng verschmolzen. wer sich als newcomer nicht zu einer der grossen gangs bekennt hat schlechte karten, der ärger geht da aber nicht von den konsumenten aus, sondern vielmehr von den gangs. wie in der gastronomie werden hier schutzgelder, etc. kassiert.
natürlich ist das nicht „richtig“, aber ich denke das hat seine wurzeln in der slum-kultur dort drüben. es hat wohl viel damit zu tun dass derjenige der es „geschafft“ hat zwar bewundert wird, aber gleichzeitig auch gehasst wird. diese komplexität macht es für mich persönlich mit so interessant mich mit dieser kultur zu beschäftigen. auch wenn mir bewusst ist, dass der 15jährige deutsche viva-konsument da wohl nicht differenzieren kann und ich sehr froh bin, nicht in diesem umfeld leben zu müssen.
noch dazu: es gibt da eine ganze menge mehr als die neptunes. zuviel als es hier aufzuführen… ein tipp für interessierte vielleicht, auch um das von mir beschriebene tempo in der rap-szene zu veranschaulichen ist dieser link:
http://www.hiphopgame.com/index2.php3?page=tracks
hier werden fast täglich (!) neue tracks aus der szene als stream legal gepostet, fast ausschliesslich alle von den, von mir beschriebenen mixtapes.
mit diesem „mixtape“-medium hat die rap-szene es meiner meinung nach ganz gut geschafft den inflationären wertigkeitsverlust von tonträgern zu kompensieren. die künstler müssen sich regelmässig auf diesen „bootleg-compilations“ präsentieren und können sich nicht bis zu ihrem nächsten album „ausruhen“. dafür haben sie die möglichkeit sich auszuprobieren (es wird wirklich alles mögliche gemacht), an den labels vorbei noch etwas geld zu verdienen (wenn sie ein eigenes tape herausbringen) und es als wirkungsvollen promotion-kanal für das nächste „richtige“ release zu nutzen. es gab mal ein tolles special auf mtv.com zu dem thema, konnte ich aber nicht mehr finden. (eine liste aktueller mixtapes gibt es trotzdem hier: http://www.tapekingz.com/newreleases.htm)
in deutschland findet dieses prinzip auch schon freunde, kool savas‘ „john bellow“-mixtape stieg sogar vor kurzem auf platz 17 der deutschen charts ein (okay, ne kunst ist das heutzutage auch nicht mehr), wobei die unterschiede zw. album und mixtape in deutschland noch fliessender sind (liegt wohl mit an der gema-pflicht)…
…hui, dass ich mich auch immer so reinsteigern muss. :o
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Wenn man bedenkt, dass die Leute vor 150 Jahren ihre E-Mails noch bei Kerzenlicht geschrieben haben...