Re: HipHop & Rap

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posterix

Registriert seit: 14.08.2005

Beiträge: 58

so. jetzt will ich auch mal. :lol:

hab den thread nicht ganz bis zum ende gelesen, irgendwann ging es mir zu sehr richtung trip-hop. aber ich glaube ich bin hier genau richtig.

das, was die meisten hier als ‚gute hiphop-musik‘ titulieren gefällt mir persönlich gar nicht (z.b. hätten die beastie boys ihr letzes album auch vor 10 jahren herausbringen können, wäre musikalisch gesehen niemandem aufgefallen). auch werden hier bestimmte dinge über rap-musik in den raum gestellt die einfach unrichtig sind (also, ashanti „west-coast-hiphop“, da musste ich schon lachen). ich selbst höre hauptsächlich kontemporäre amerikanische rap musik, das was vorredner als „jiggy“ bezeichnet haben.
(diese unterscheidung finde ich schon mal fragwürdig. was ist z.b. kanye west? egal.)

ich verstehe durchaus, dass aussenstehende kein verständnis für das sehr image-betonte rap-geschäft haben. das für viele nervig anmutende „gangster-gehabe“ entwickelte sich meiner meinung nach als reflex, zu einem zeitpunkt an dem rap-musik sehr stark der vermarktung zum opfer viel. irgendwo mussten sich die „authentischen“ künstler abgrenzen zu gecasteten und von der industrie hergestellten interpreten. was liegt da näher als aggressiv zu promoten dass man dort herkommt, wo auch die kunstform ihren ursprung hat. nämlich aus den urbanen slums. ich bin mir fast sicher, dass es diesen reflex auch in der rock-musik gab, wahrscheinlich zur entstehung des „drug-sex-n-rock-n-roll“-images.

in deutschland verhielt sich das später ähnlich. auch wenn man einen starken einfluss der kommerzialisierung nicht leugnen kann – die grosse masse der sozial benachteiligten kids konnte mit deutschsprachigem rap wie „blumentopf“, „dendemann“, den „beginnern“ oder ähnlichem nichts anfangen. klar, dass sich daraus eine grosse marktlücke ergibt, die jetzt gefüllt wird. (wo da die schuld liegt ist ein anderes thema)

so, nun zum eigentlichen thema – der musik. rap-musik ist eine sehr komplizierte kunstform. wer sich nicht eingehend damit beschäftigt, neigt, verständlicherweise, dazu, sie nur nach dem klang der beats oder dem look der videos zu beurteilen. allerdings geht es hier textlich um mehr als „nur“ um inhalte oder doppel-reime. gerade in den letzten paar jahren (von denen oft behauptet wird, sie seien der untergang der sparte) hat sich in sachen rap-technik und differenzierung der flows sehr viel getan. sogar soviel, dass die „instrumentalisten“ und die rapper sich voneinander entfernt haben. aufwendig produzierte instrumentale finden sich definitiv eher im sog. trip-hop. wer rap hört, gibt sich auch mit minimalistischen, teils sehr elektronischen klängen zufrieden – hier geht es eher darum mit einem beat stimmung zu erzeugen, die den vokalisten unterstützt. ich selber arbeite viel mit rappern zusammen, bin aber selber keiner und merke immer wieder, dass es teilweise um technische details geht, die dem ottonormal-hörer nur schwer auffallen. es gibt da differenzen im timing, silben-verteilung oder -anzahl, textliche rythmus -regeln die teilw. über diverse zeilen hinweg stimmen müssen, etc. …

auch das von aussenstehenden als pubertär abgetane „battlen“ oder „dissen“ hat in dieser szene durchaus einen sinn. abgesehen davon dass rap seinen ursprung in diesem eigentlich sportlich gemeinten wettkampf hat, ist dieser mechanismus sehr wichtig für die stetige erneuerung der szene. dadurch ist das tempo sehr hoch und der konkurrenzdruck enorm. wer da nicht ständig am ball bleibt verpasst da schnell den anschluss. die szene entwickelt sich nicht „von album zu album“, sondern eher „von song zu song“. diese songs werden auf sogenannten mixtapes weit ab von der herkömmlichen plattenindustrie/gema hirarchie veröffentlicht und sind für den langfristigen erfolg eines rappers in amerika essentiell. es ist ähnlich wie bei einer fernsehserie aus der man rauskommt wenn man nicht jede folge sieht. :)

na ja, worauf ich hinaus will ist, dass diese musikszene nicht platt und simpel ist, sondern sehr komplex. natürlich ist image ein wichtiges stilmittel, aber ganz ehrlich, das ist im rock doch nicht anders. irgendein schlauer mensch (ich glaube es war der produzent der so geliebten nena) hat mal gesagt dass rapper heutzutage die einzigen sind, die rock&roll richtig leben. rocker heutzutage seien dahingegen weicheier… :lol:

jedenfalls sollte man immer einen blick hinter die glitzernde fassade werfen, bevor man abfällige bemerkungen macht, gell? metal-videos sehen für mich auch alle gleich aus ;)

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Wenn man bedenkt, dass die Leute vor 150 Jahren ihre E-Mails noch bei Kerzenlicht geschrieben haben...