Re: Mikkos LP Faves

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mikko
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The Nights Of Iguana – The Gift (LP, Poko Rekords, Finnland 1986)

Eine der größten Hoffnungen, Finnland in den 80ern auf der internationalen Landkarte der Rock Musik zu etablieren, war diese Band aus Helsinki. Hervorgegangen aus der New Wave Band Pin Ups, die Anfang der 80er Jahre eine Single und eine 12“ EP veröffentlichte, etablierten sich The Nights Of Iguana gleich mit ihrer ersten Single „Dry Nancy“ im Jahr 1986 in Finnland als die neue Band schlechthin. Ein bisschen Sleaze Rock, ein bisschen Glam und ganz viel Pop Sensibilität und großartiges Songwriting machten die Band in den finnischen Musik Gazetten zu The Next Big Thing und zur großen Hoffnung für den internationalen Markt. Das Debütalbum „The Gift“ erschien noch im selben Jahr und enthält mit „Too Many Words“ und „I’m Scared“ zwei weitere Hitsingles (in Finnland). Produziert wurde die LP von Jimi Sumén, der mit der New Romantic Band Classix Nouveaux Erfahrungen in England sammeln konnte und in seiner Heimat Finnland zur ersten Garde in den 80ern gehörte. Dennoch klingt diese LP hier erfreulich wenig Eighties typisch. Eher haben sich Musiker und Produzent auf Vorbilder aus der britischen Pub und Glam Rock Szene besonnen. Und hier und da sind auch Einflüsse von Sixties Garage Rock oder gar Psychedelia zu hören. „Dry Nancy“ erwähnte ich bereits als Debütsingle der Band, und es ist zweifellos die beste Single des ganzen Jahres. Aber auch die anderen Tracks des Albums sind von hoher Qualität. The Nights Of Iguana vereinen hier auf das Schönste die Qualitäten der Rolling Stones aus vergangenen Tagen mit dem Zeitgefühl der Achtziger. Diese Platte strotzt nur so von großartigen Hooks und Melodien. Sie ist vielseitig und macht riesigen Spaß! Und immer wenn man denkt, jetzt kann nichts mehr kommen, gibt es eine weitere Steigerung. So ist der Schlusstrack „Goodbye“ eine der schönsten Glam Rock Balladen, die David Bowie nie geschrieben hat und Mott The Hoople nie gespielt haben. Übertroffen werden The Nights Of Iguana im Jahr 1986 bei den Alben nur noch von ihren Landsleuten Eppu Normaali und von The Game Theory aus Kalifornien. Aber das sind zwei ganz andere Geschichten. The Nights Of Iguana veröffentlichten 1987 eine zweite LP „Grapefruit Tree“, die hier bei Gelegenheit gesondert gewürdigt werden wird. Auch live war die Band großartig, wovon ich mich mehrfach in Finnland überzeugen konnte. Leider wurden alle Hoffnungen auf einen internationalen Durchbruch dann 1990 begraben. Kurz bevor ein von mir eingefädelter Lizenzvertrag in Deutschland besiegelt werden sollte, setzte sich der der Sänger Floyd Superstar (wie er sich in einer gewissen Selbstüberschätzung nannte) nach Kalifornien ab, und die Band lag erst mal auf Eis. Es erschien dann zwar noch eine in L.A. aufgenommene 12“EP, aber die Band löste sich wegen verschiedener Ego Probleme und nicht zuletzt wegen der heftigen Heroinsucht des Sängers kurz danach auf. Floyd (eigentlich Tero Isohanni) starb 2006 im Alter von 44 Jahren an den Folgen seines jahrelangen Drogenmissbrauchs. Die Band wurde vom Bassisten Delay und Gitarristen Puka im Jahr 2010 mit neuen Mitmusikern wiederbelebt. Allerdings wohl nur für gelegentliche Live Auftritte. Das Debütalbum bleibt ihr größtes Vermächtnis. *****

Night Sun – Mournin’ (LP, Zebra, D 1972)

Eigentlich kenne und besitze ich diese LP schon seit Jahren, ja seit Jahrzehnten. Aber in meinen Fokus geriet sie erst kürzlich wieder durch eine Liste der 100 obskursten (oder besten obskuren) Hard Rock LPs der späten 60er und frühen 70er im Flashback Magazin. Die Band stammt aus der Gegend von Heidelberg / Mannheim und ging aus der örtlichen Jazz Szene hervor. Hören kann man das auf ihrer einzigen LP hier allerdings kaum noch, wenn überhaupt. Die Gitarre von Walter Kirchgässner erinnert eher an Ritchie Blackmore. Und der Gesang von Bruno Schaab orientiert sich an Robert Plants. Knut Rösslers Orgel wiederum hat was von Jon Lord. Dazu kommt dann noch ein Songwriting, dass sehr eigen und originell ist, wie wohl es gelegentlich Black Sabbath evoziert. Alles in allem also eine äußerst gelungene Mischung. Aufgenommen und produziert wurde die LP im Windrose Studio in Hamburg von Conny Plank, der auch bei dem Stück „Got A Bone Of My Own“ als Co-Autor genannt wird. Die Produktion ist entsprechend innovativ und äußerst einfallsreich. Nicht nur haben wir es hier mit versierten Instrumentalisten zu tun, auch die Kompositionen und Arrangements weisen einen hohen Grad an Originalität und Einfallsreichtum auf. Neben dem bereits genannten „Got A Bone Of My Own“ gehören das düstere „Living With The Dying“ und das fast hymnische „Come Down“ zu den Highlights der durchweg hörenswerten Platte. Warum die LP und diese Band damals nicht über den Rhein / Neckar Raum hinaus bekannt wurde, ist mir ein Rätsel. „Mournin‘“ ist die wohl beste deutsche Rock LP der frühen Siebziger. Und auch im internationalen Vergleich schneidet die Platte richtig gut ab. ****1/2

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