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Was steht in der Zeitung?
http://www.general-anzeiger-bonn.de/index_frameset.html?/freizeit/konzerte_museumsplatz.php
Auf dem Museumsplatz geht die Harley ab
John Fogerty wollte immer nur eines: Treffer landen und auf einer Langspielplatte so viele Hits unterbringen wie möglich – Im Konzert in Bonn spielen er und seine Band fast 30 Songs – von „Travellin` Band“ bis „Proud Mary“
Von Dietmar Kanthak
Bonn. Seine ersten Erfahrungen als Musiker machte John Fogerty in Schul- und Partybands. Als The Golliwogs setzten er und seine jungen Kollegen sich komische Hüte auf den Kopf, wenn sie spielten. Und wenn in den Kleinstadtkneipen und Ausflugslokalen kein Mikrofon zur Hand war, brüllte der Sänger Fogerty die beliebtesten Songs so laut, dass sein Organ auch im Gläserklirren und Stimmen-Tohuwabohu nicht unterging. So etwas schult.
Auf dem Museumsplatz war am Sonntag schon beim ersten Song, „Travellin` Band“, klar: Er kann es noch immer, im Notfall wahrscheinlich auch ohne Mikrofon. Die markante Stimme beschallte mühelos den Spiel-Platz zwischen den Museen, auf dem drangvolle Enge herrschte.
Auf einer der vieldiskutierten Guggenheim-Werbetafeln der Bundeskunsthalle war zu lesen: „Imagine a voice that makes no sound.“ Stell dir eine lautlose Stimme vor.
Museumsplatz-Abende mit Deep Purple, The Who oder eben aktuell John Fogerty sind immer auch Wiederbegegnungen mit der eigenen Biografie. Für viele der Leute im Publikum haben Fogerty und seine amerikanische Erfolgsband Creedence Clearwater Revival (CCR) Ende der sechziger bis Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts den Soundtrack ihrer Jugend geliefert; mit Stücken wie „Proud Mary“, „Suzie Q“ und „Bad Moon Rising“ sind die Menschen früher sozialisiert worden. Nun kann man im Konzert beobachten, wie die Helden von einst gealtert sind.
ohn Fogerty, der bereits als Mitglied von CCR immer wie einer dieser superfitten, kernigen Cowboys aus der Zigarettenwerbung erschien, sieht man die 61 naturgemäß nicht an. Kein (sichtbares) graues Haar, drahtige Figur, gute Beine.
Seit er 1967 Profimusiker wurde, verfolgte Fogerty nur eine Idee: „Treffer zu landen und auf einer Langspielplatte so viele Hits unterzubringen wie möglich“. Die Repertoirepolitik hatte Erfolg, dem von CCR kultivierten harten, rustikalen Blues und der schönen Primitivität des Rock`n`Roll konnte sich kaum ein Zuhörer entziehen.
In den Songs der Band wurde das alte Amerika von Mark Twain noch einmal lebendig. Statt Politik, Sex und Drogen widmete sich Fogerty Raddampfern, Ochsenfröschen, der Baumwolle und dem „bösen Mond“ über Louisiana. Die Songs besaßen mitunter eine bedrohliche Intensität.
Später kamen psychedelisch anmutende Noten hinzu; die Welt, die amerikanische zumal war aus den Fugen. CCR nahm bis zur Auflösung der Band 1972 Partei für die kleinen Leute und blieb auf diese Weise sozial geerdet – in dieser Hinsicht Bruce Springsteen ähnlich -, selbst als das Bankkonto exorbitant anschwoll.
„Ich sehe die Welt noch immer durch die Augen des Proletariats. Wer nur an die Moneten denkt, dem fällt musikalisch überhaupt nichts mehr ein“, stellte Fogerty fest. Im Bonner Konzert gönnten Fogerty und seine Musiker sich eigentlich nur eine Ruhepause. Der Song „Deja vu“ handelt von Vietnam II, also dem amerikanischen Engagement in Irak, erzählte Fogerty.
Das Stück widmete er „den Familien“. Dezent, zurückgenommen und eindringlich trug er seine Botschaft vor; die elektrische Gitarre schwieg in diesem Moment. Den Großteil der zwei Stunden schickte die Band die Zuhörer indes in wilde Sound-Dschungel oder animierte sie zum nostalgisch motivierten Tänzchen.
Fast jeden der 30 Songs hatte man nach ein paar Sekunden, einem der genial einfachen Fogerty-Riffs erkannt, den Text sofort erinnert. Ob sie nun „Lodi“ hießen oder „Up Around The Band“. Fogerty und Co. luden die Stücke mit ungeheurer Energie auf, sie kamen als krachende Klanggewitter übers Publikum. Hier ging sozusagen die Harley ab.
Sie konnten es aber auch gefühlig, „Have You Ever Seen The Rain“ besaß viel Schmelz. Mit religiöser Inbrunst und A-cappella-Elementen zelebrierte Fogerty seine „Cotton Fields“, und nicht nur am lang und virtuos ausgespielten „Ramble Tamble“ demonstrierten er und seine Musiker, in welcher Liga sie spielen.
Nach Zugaben wie „Fortunate Son“ und „Proud Mary“ war die Party auf dem Museumsplatz zu Ende. Und sie war fast so unterhaltsam gewesen wie die jüngsten Shows auf dem grünen Rasen.
(04.07.2006)
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Man braucht nur ein klein bisschen Glück, dann beginnt alles wieder von vorn.