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1. I will see you in far-off places (**** 1/2)
2. Dear god, please help me (****)
3. You have killed me (*** 1/2)
4. The youngest was the most loved (*****)
5. In the future when all’s well (***)
6. The father who must be killed (*****)
7. Life is a pigsty (*****)
8. I’ll never be anybody’s hero now (***)
9. On the streets I ran (****)
10. To me you are a work of art (****)
11. I just want to see the boy happy (****)
12. At last I am born (**** 1/2)
Ich werde sterben, aber zuletzt werde ich geboren.
Für mich ist „Ringleader of the tormentors“ mit seinem bebenden Unterton, den schweren Chören und donnernden Hörnern die weitaus aufregendere, aufwühlendere Platte, als die deutlich gelobtere, mir aber zeitweise etwas zu süßliche und leicht überproduzierte „You are the quarry“-Schaumburg. Dass das Album ein „balls-to-the-wall rock record“ ist, finde ich allerdings nicht: Das Album hat einen bestechenden, fein arrangierten Klang, mal gemahnt an schwebende Musicalsequenzen, mal an einen komatösen Einfall von Soundtrackpassagen – ein Eindruck, den schon das Cover vorwegnimmt. Mich berauschen bereits die ersten Momente des Openers: Dieses preschende Einschwingen in den Strophenverlauf, der Bass als spürbare Instanz (noch viel markanter ist allerdings das Zusammenspiel mit der beschwörenden Orgel in „Life is a pigsty“), die Hörner, die auch „I just want to see the boy happy“ den letzten Schliff geben und vor allem der Auftakt des italienische Kinderchors, der auch in „The youngest was the most loved“, „The father who must be killed“ und „At last I am born“ zu hören ist. Es gibt aber noch eine ganze Reihe mehr zu entdecken: Die Soundspielereien, dieses in die Tristesse hereinrieselnde Klaviergeschnatter in „I’ll never be anybody’s hero now“ etwa, wie in „On the streets I ran“ im Refrain Funken springen und die Bilder leicht zu schwimmen beginnen; und natürlich wie „Dear god please help me“ praktisch nur von Orgel, Gitarre und Streichern getragen wird (letztere stammen dabei aus der Feder von Ennio Morricone).
„Ringleader of the tormentors“ ist ein dunkles, bittersüßes Werk – es behandelt die universellen Themen von Liebe und Tod, Einsamkeit und rastlosem Leben, bedenkt Gott, Ignoranz, falsches Handeln, Frankreich, Vatermord, Herzlosigkeit und noch etwas mehr. In Morrisseys Zeilen leben aber nicht nur leidvolle, schwermütige Zeiten, sondern auch ein erfrischend aufmüpfiger, aber doch gleichmütiger Zorn und eine Form sehr eigenwilliger, karger Heiterkeit. Zu Ende von „At last I am born“ scheint es gerade auf diese Doppeldeutigkeit hinauszulaufen: Singt der Mann dort etwa, nachdem mit „I once thought that time accentuates despair/But now I don’t actually care/Because I am born, born, born“ schon etwas ungewohnt Versöhnliches einspielt, „At last I am born!“, oder ist es nicht doch vielleicht ein ewiges Brennen? Wer weiß.
Wie auch immer: Tolles, temperamentsvolles, hochenergetisches Album. Dass die ersten Momente des Openers eine bestechende Ähnlichkeit zum Track „Tight rope“ der italienischen Gothic-Band Lacuna Coil aufweisen, ist allerdings schon etwas befremdlich.
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Hold on Magnolia to that great highway moon