Re: Craig Thompson

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natsume

Registriert seit: 24.07.2005

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So, durch. Und auch etwas sprachlos. „Habibi“ ist faszinierend,
aber schwer zu packen, was an der Länge liegen mag, daran,
dass nicht linear erzählt wird oder an den oft abstrakten
religiösen Exkursen.

Im Grunde ist die Story zwar einfach und behandelt Themen,
die dem erfahrenen Thompson-Leser bekannt sein dürften
(verhinderte Liebe, Suche nach Identität und Lebenssinn,
Entdeckung der eigenen Sexualität). Komplex wird der Stoff
aber erst durch die ständige Spiegelung, Ausdeutung oder Vor-
ausnahme der Geschehnisse mit Hilfe arabischer Symbolik oder
in Szenen aus der christlichen/islamischen Überlieferung.

Setting und Figuren sind, wie eigentlich immer bei Thompson,
meisterhaft gezeichnet. Neu ist die Opulenz, die natürlich hier
besonders gut passt. Die Pracht orientalischer Architektur und
Ornamentik wird in großartig detailreichen Bildern wieder-
gegeben. Neu ist aber auch die Drastik der Darstellung. Die
unheilsame Verknüpfung von Sexualität und Gewalt ist durch-
gängig Thema in „Habibi“.

Der leicht übergeschnappte Fischer, die lebenslustigen Stadteunuchen
(eigentlich als Hijras eher in Indien verbreitet), der mürrische Harems-
wächter,…: Es ist immer wieder großartig zu sehen, mit welcher
Leichtigkeit Thompson seine Figuren formt. Oft genügen ein paar
Striche, ein paar markante Zeilen, um selbst der kleinsten Nebenfigur
einen unverwechselbaren Charakter zu geben.

Soweit ein paar erste Eindrücke. Es werden sicher noch einige
Durchgänge folgen (müssen).

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