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kramerBei Walker aber geht es um existenzielle Gefühle.
Natürlich. Und Scott Walker ist auch weit entfernt von Toto oder Phil Collins, von Affektiertem und leerem Schönklang. Das meinte ich aber auch nicht.
Aber etwas passt für mich dennoch nicht – und das ist nicht Ergebnis aus verkopfter Musikanalyse. Natürlich ist das fantastische Popmusik, aber was Rossi eben anmerkte trifft es für mich eigentlich sehr gut: An diesen Werken ist nichts, was sich „gehen lässt“, nichts was unkontrolliert wäre, Walker hält zu jeder Zeit die Zügel fest in der Hand. Das ist einerseits großartig, weil Walker ein großartiger Arrangeur ist, aber andererseits auch distanziert, weil der Kunst nie erlaubt ist, dreckig, hässlich, eben nicht perfekt zu klingen. Für mich ist das tatsächlich ein sehr wesentlicher Bestandteil, mit dem mir Kunst letztlich erst wirklich Nahe kommt.
Perfektionismus ist zunächst nicht negativ belegt, allerdings merke ich immer öfter, dass für mich wahre Perfektion selten im eigentlichen Sinne perfekt ist. Dafür ist u.a. auch „Songs of love and hate“ ein gutes Beispiel: Das ist ein Werk, das für mich dadurch perfekt ist, weil es schief hängt, weil es seine Kanten beibehält, weil Cohen in „Diamonds in the mine“ ganz bewusst grausam krächzt, weil „Sing another song, boys“ zum Ende fast zerfassert, kurz: weil daran eine sehr unperfekte, menschliche, für mich absolut existenzielle Note zu finden ist.
Walkers Persönlichkeit kenne ich natürlich nicht. Und eigentlich wollte ich auch nur den Einwurf etwas relativieren, man könnte Walker nicht als „theatralisch“ wahrnehmen. Wobei ich nicht glaube, dass Roseblood mit Walker, egal welcher Phase, allzuviel Freude finden wird, „30 century man“ fällt tatsächlich ziemlich aus dem Rahmen (und hat mit „Climate of hunter“ im Grunde so gut wie nichts gemein).
In diesem Zusammengang hat Ah Um vor einigen Jahren schon, wie ich finde, sehr Treffsicheres geschrieben.
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Hold on Magnolia to that great highway moon