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Ich hatte Sonja gefragt, ob sie etwas über das Leben ihres Mannes schreiben möchte, das ist ihre Antwort:
Oh boy, wo soll ich da anfangen, ueber 17 Jahre war ich mit John zusammen, fast 10 davon verheiratet und 6 davon vorher in „wilder Ehe“ und ein Jahr davor dating natuerlich. Er hatte das charmanteste Laecheln, dass ich je gesehen habe, ein Mann, der sich erst oeffnete, wenn er einen Menschen gut kannte, und so komplex war wie kaum kein anderer. John wurde nie langweilig, egal, wie gut man ihn nun kannte, ein warmherziger Mensch, der aber nach aussen hin oft eine Mauer zog, zumindest solange, bis er mit jemanden warm wurde – und das konnte dauern.
Er liebte Musik und Tiere ueber alles, besonders Hunde. Er liebte die Fliegerei, gutes Essen (ja, man mag es kaum glauben, denn er war ja nicht gerade ein Mensch, der unter Gewichtsproblemen litt). Und er war ein Mensch, der sein Privatleben und sein Leben als Musiker ziemlich streng trennte.
Er war fuer Jazz genauso zu begeistern wie fuer Funk und Rock ’n Roll, selbst in die Oper liess er sich ohne Widerwillen schleppen, wenn es um Musik ging, war John stets voellig offen.
Er war ein fuersorglicher Mann, aber selbst seine Kinder bezeichnen ihn als einen „alpha wolf“ – das war er in der Ehe genauso wie als Musiker (aber darueber koennen seine Musiker mehr erzaehlen als ich). Er war auf jeden Fall mein Fels in der Brandung, ein starker Mann mit eigener Meinung, eben „alte Schule“.
Ich durfte ihn bei Konzerten sehen, aber ich habe ihn nicht ein einziges Mal bei einer Probe erlebt, o-ton-John :“Da siehst du dann eine Seite von mir, die ich nicht will, dass du sie kennst!“ Ich habe aber vernommen, dass er ziemlich streng war bei den Proben, ein Perfektionist, der das beste von sich als auch von seinen Musikern verlangte. Ich erinnere mich an ein Konzert in Deutschland, wo John mir in der Pause sagte: „Die Jungs spielen heute schrecklich, wenn das jetzt die Proben waeren, wuerde ich toben, aber das geht nicht jetzt, dann werden sie in der naechsten Session nur nervoes, ich muss dieses Konzert einfach als verpatzt abhaken!“ Aber ich bin mir sicher, dass der Drill bei den naechsten Proben dann wieder schaerfer wurde.
So schnell wie John oft mit Menschen die Geduld verlor (er sagte immer, er koennte niemandem das Saxofonspielen beibringen, er habe dazu nie die Geduld), so geduldig und liebevoll war er zu seinen Hunden. Die durften alles, selbst im Bett schlafen – aber auch die wussten, er ist der Boss. Einmal ist ein Welpe von uns in einen Teich geplatscht und John ist hinterhergesprungen, um ihn aus dem Wasser zu fischen. Wir haben Bullmastiffs gezuechtet, aber die Zucht werde ich jetzt aufgeben, denn ohne John ganz allein ist es zu viel Arbeit. Wir nahmen oft 4 Hunde auf einmal mit in den Park, fuer John war das nie zuviel. Ich liebte sein weiches Herz fuer Tiere, kleine Voegelchen wurden wieder aufgepaeppelt.
Das war John Pocisk, mein Mann – Johnny Paris, der Musiker kann bestimmt besser von anderen Musikern beschrieben werden. Ich war halt seine Frau, nicht sein Geschaeftspartner oder Bandmitglied. Als ich ihn kennenlernte, wusste ich nur, dass er ein US Saxofonist war, der Name seiner Band sagte mir noch nicht einmal etwas, als Jahrgang 1964 hatte ich ganz andere Idole. Aber gerade DAS war es, was John an mir liebte.
Wir waren ziemlich neu zusammen und gingen in Hamburg in eine Musikerkneipe, wo von allen Seiten Leute ankamen, nach Autogrammen baten etc. Ich sah wohl ziemlich verwundert aus, denn John sagte zu mir „Du weisst nicht wer ich richtig bin, oder?“ Ich schuettelte den Kopf, und seine Antwort war: „Und dafuer liebe ich dich!“ Spaeter, als wir dann schon verheiratet waren, sagte John immer lachend: “ Ne, meine Frau ist kein Fan von meiner Musik. Muss sie ja aber auch nicht sein, die fetzt sich lieber Mother’s Finest rein“. Er wusste halt, ich habe mich in John Pocisk, den Mann , verliebt und nicht in Johnny Paris, den Musiker – obwohl ich immer stolz auf ihn war und auf sein musikalisches Koennen und mich gluecklich schaetze, seine Lebenspartnerin sein zu duerfen. Ich werde sein Erbe antreten und sein Vermaechtnis verwalten, hoffentlich im Sinne meines Mannes. Die Realitaet, dass er wirklich NIE wieder zu mir nach Hause kommt, ist noch gar nicht ganz eingesunken, fuer mich ist er noch so lebendig, dass ich kaum fassen kann, dass ich ihn nie wieder in meinen Leben sehen werde, nie mehr mit ihm sprechen kann – ich vermisse ihn so sehr und werde ihn ewig lieben. Es geht kein Tag vorbei, da ich nicht um den Verlust dieses Menschen weine, er war mein John, meine Liebe…
Sonja Reuter (Witwe von John Pocisk/Johnny Paris)
(Ich habe kein Passwort fuer Rollingstone, aber ihr koennt gern meine Worte dort drucken, fuer alle, die mehr ueber Johnny Paris als Privatmann wissen moechten…)
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