Re: Funktionen von Musik

#5114513  | PERMALINK

canzione

Registriert seit: 03.05.2010

Beiträge: 689

Daniel_BelsazarWenn man „Worte“ und (verbale) Sprache im Sinn des 18. Jahrhunderts versteht und damit die Verständnisentwicklung der folgenden 200-300 Jahre und insbesondere die sprachpragmatische Wende des 20. Jahrhunderts sowie die neueren Forschungsergebnisse über Wahrnehmung und Hirntätigkeiten ausklammert, möglicherweise.

Roman Jakobson: „Im linguistischen Sinne liegt die Besonderheit der Musik im Verhältnis zur Poesie darin, dass der Gesamtkomplex ihrer Konventionen (langue, der Terminologie von de Sassure zufolge) sich auf das phonologische System beschränkt und keine etymologische Aufteilung der Phoneme umfaßt, also kein Vokabular.“

Übersetzt: Die Musik hat keine Worte. Zwischen den Tönen, die man auch Soneme nennen kann (weil diese Töne ja, wie die Phoneme, in sich selbst keinerlei Sinn haben; der Sinn resultiert aus ihrer Kombination), und dem Satz (auf welche Weise man ihn auch definiert) gibt es nichts. Die Musik schließt das Wörterbuch aus.

Eine Paradoxie: Mitten im 18. Jahrhundert werden in Frankreich die Prinzipien zur Sprache gebracht, auf die de Saussure später seine strukturale Linguistik gründen wird. Die Modernität Chabanons tritt auch zutage, wenn man seine Ideen mit denen zweier großer Theoretiker seiner Zeit vergleicht, Rousseau und Rameau.

--