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Ah UmIch habe versucht, noch eine weitere Dimension aufzuzeigen: Musik (oder Kunst im Allgemeinen) als ein Haschen nach Transzendenz, der Versuch, mit der Schönheit selbst in Kontakt zu treten.
Wenn ihr mich fragt, warum ich Musik höre, dann ist die Antwort wesentlich banaler:
Bei Minus-Tätigkeiten wie Autofahren oder Bad putzen dient sie einfach zur Auflockerung und Unterhaltung.
Wenn ich mich hinsetze und konzentriert zuhöre, dann einfach weil das Gehörte mir einen schwer zu beschreibenden Genuss vermittelt. Hirnforscher berichten an dieser Stelle regelmäig etwas vom „Belohnungszentrum“.
Ich habe ein wenig nachgedacht über die Anregungen.
Die Besonderheit der Musik könnte doch darin liegen, dass sie zum einen zwar die „höheren“ geistigen Bedürfnisse des Menschen ausdrücken und bedienen kann, zum anderen aber immer auch zunächst – und zwar unmittelbar – auf der Ebene des zerebralen Nervensystems wirkt.
Daher ist rein „funktionale“ Musik herstellbar: Die Kühe geben mehr Milch bei Mozart-Berieselung als bei Schönberg, die Menschen geben dem Supermarktbetrieb mehr Geld, wenn sie mit Muzak beregnet werden, sie geraten in Aufzügen oder Flughafentunneln (Chicagoer Flughafen = Eno „Music for Airports“ + Leuchtinstallation) weniger leicht in Panik, oder sie putzen halt leichter oder poppen lieber oder was auch immer.
Das sind ja aber natürlich alles die Funktionen, die uns eigentlich herzlich wurscht – weil „banal“ – sind, wo die instinktgeleiteten Handlungen durch Musik geregelt werden.
Interessanter sind da offensichtlich für unsern Intellekt die „höheren“ Funktionen. Dazu würden z.B. gehören: Ästhetischer Genuß (Ah_Ums Schönheit), Lernen (Kultur, der Blick in die Erfahrungswelt anderer Menschen wie z.B. auch in der Literatur), bewusste Kommunikation.
Ein Zwischending wäre dann aber wohl die rituelle Funktion der Musik, die vielleicht in der rhyhtmisch geprägten populären Musik seit der Mitte des 20. Jahrhunderts eine besonders starke Komponente bildet. Sie baut sicher sehr viel stärker auf den zerebralen Wirkungen auf als die „klassische“ europäische (und auch die spirituelle indische) Musik, erschöpft sich aber andererseits nicht in diesen.
Der Ritus hat immer auch mit Tanz und der Veräußerung in selbigem zu tun. Letztlich wird das Individuum in der Gruppe affirmiert, indem es teilhat an der gemeinsamen Veräußerung vieler. Das wäre sozusagen die naturreligiöse Spiritualität der Musik. Dieses würde auch mit der Erleichterung harter Arbeit durch gemeinsames Singen korrespondieren, die ja nach Lehrmeinung die Geburt des Gospels und Blues auf den Baumwollfeldern des amerikanischen Südens gebracht hat.
Diese rituelle Musik nun ist eben mehr oder weniger stark von den zerebralen und intellktuellen oder „geistigen“ Komponenten bestimmt; je nach dem, wie der Mix ausfällt, kommt reiner Stumpfsinn (etwa die rhythmische Sportgymnastik von Technoparties) oder supergeile Rockmusik heraus.
Je nun, ich muss aufhören, mein Jüngster will was von mir. Bis demnächst.
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The only truth is music.