Re: THIN LIZZY

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whole-lotta-pete

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lathoMuss ja nicht schlecht sein – welche empfiehlst Du?

Hilfe, ich hab grad den Thread von Anfang an gelesen und festgestellt, dass unter diesem großen Namen fast nichts relevantes, sondern nur Quark gepostet wurde. War also schon vor Jahren hier ein Problem… :teufel:

Das sollte aber Thin Lizzy als großartige Band nicht schmälern, da will ich gleich mal etwas mehr schreiben.

THIN LIZZY
Zwei Dinge prägten diese Band – Phil Lynott (bass/voc) mit dem unglaublich guten Songwriting und der ständig wiederkehrenden Figur des romantisch verklärten Außenseiters, und auf der anderen Seite andauernden Querelen, Drogenprobleme und Besetzungskarussell (Gary Moore, ja genau der an der Gitarre, dürfte mehr als 10 mal ein- und ausgestiegen sein).

Thin Lizzy wurden 1969 in Dublin, Irland gegründet. Ihre ersten Alben 1971 („Thin Lizzy“) und 1972 („Shades of a Blue Orphanage“) hatten wenig Erfolg. Viele Folk-Einflüsse und gitarrenorientierter Rock sorgten für verhältnismäßig langweilige Songs, wobei ich „Diddy Levine“ als Song der ersten LP gut finde, allerdings auch eher ein langsames Stück.

1973 schossen sie aus dem Nichts mit der Single „Whiskey in the jar“, einem adaptierten Irischen Traditional, auf Platz 6 in UK, die nachfolgende LP „Vagabonds of a western world“ ist die erste Empfehlung in ihrer Diskographie. Darauf findet sich nicht nur eine längere Albumversion von „Whiskey…“, sondern auch der Kracher „The rocker“, womit sich schon ihr eingängiger, ideenreicher Hardrock – bei weitem nicht nur in diesem Stück – abzeichnete. 1974 dann das erste Album auf Vertigo „Night Life“, nicht weiter bemerkenswert. Im Jahr 1975 folgte die LP „Fighting“, die nicht uninteressant ist und es in die britischen Charts schaffte. Darauf sind „Rosalie“ sowie „Suicide“, später durch Livealben bekannt geworden.

Überflügelt wurde ihr guter Einstieg von dem großen Erfolg der nächsten LP „Jailbreak“ (1976), für die ich uneingeschränkte Kaufempfehlung erteile. Praktisch ihr Klassiker schlechthin mit dem Titelstück, „The Boys are back in town“, dem „Cowboy Song“ und und und. Ein wahrhaft großes Rockalbum, und sehr eigenständig. So melodiösen, dabei aber kraftvollen Hardrock lieferte sonst niemand. Im gleichen Jahr gab es dann noch „Johnny the Fox“, auch sehr gut mit „Don´t believe a word“ und z.B. auch „Massacre“ (das auf „Live & Dangerous“ noch um Längen besser kommt). Die Probleme mit Lynotts Drogensucht nahmen aber mit dem Erfolg erheblich zu, und dieser Erfolg bedeutete mehr Arbeit, u.a. eine US-Tour als Support von Queen.

1977 dann mit „Bad Reputation“ ein weiteres überragendes Album, wieder mit der Mischung aus großen Gitarren und auch leisen Tönen. Ich liebe „Southbound“, aber natürlich auch „Bad Reputation“. Hier findet sich auch das feine „Dancing in the moonlight“. Mit #4 auch erfolgreich in den UK Albumcharts.

1978 dann das wahnsinnig gute Live-Album „Live & Dangerous“, und bitte jetzt keine Diskussionen über Overdubs, diese Platte ist grandios und sogar mein einzig je vergebener Einstiegstipp, der einen Konzertmitschnitt als Tor zu einer Band umfasst. 1979 das nächste Album „Black Rose“ (das ich übrigens gerade höre…), das erneut mit Höhepunkten glänzen konnte, u.a. der Hit „Waiting for an alibi“, auch hier würde ich zuschlagen, wenn ich die LP nicht schon ewig hätte. Enthält wie alle Thin Lizzy Scheiben auch wieder besinnliche Töne, wie hier die Huldigung an seine kleine Tochter „Sarah“, die auch auf gestandene Rocker nicht kitschig, sondern gelungen wirken. Groß auch „Got to give it up“ – leider sollte diese Aussage nicht bei Phil selbst ankommen…

1980 gab es ein Soloalbum von Phil Lynott (das ich nicht habe) namens „Solo in Soho“, außerdem das Thin Lizzy Album „Chinatown“, dass erneut glänzen konnte. Durchgehend abwechslungsreiche und ideendurchsetzter Rock auf hohem Niveau und mit der Unverwechselbarkeit der Band. „Killer on the loose“ ist immer noch ein hervorragender Brecher, auch wenn die Single damals so gut wie nie im Radio lief (ein Serienmörder trieb dummerweise zeitgleich sein Unwesen in UK). 1981 dann „Renegade“, das ich ebenfalls nicht als schwach bezeichnen würde. Allerdings höre ich dieses Album nicht so oft und hebe es nicht als dringenden Kauftipp hervor, dazu fehlen die Highlights. 1982 ein weiteres Soloalbum von Lynott, das ich auch nicht kenne („The Phil Lynott Album“).

1983 kam mit „Thunder and Lightning“ das letzte Studioalbum von Thin Lizzy, das auch im 80er Hardrock noch Zeichen setzte und mit dem schnellen Titelstück sowie „Cold Sweat“ beste Knaller bietet, während „The sun goes down“ die üblichen, immer angenehmen leisen Töne übernimmt. 1983 gab es noch das „blaue“ Liv(f)e Album, welches zu Unrecht immer etwas untergeht gegenüber „Live & Dangerous“, aber durchaus seine Reize hat. Alleine weil die neueren Songs auch vertreten sind (Cold Sweat, Killer on the loose!), und weil „The sun goes down“ darauf so schön ausgebreitet wird, das ich sehr mag.

1985 tat sich Phil noch mal mit dem alten Kumpan Gary Moore zusammen und machte den Top 5 Hit „Out in the fields“, was damals sogar in der Jukebox der örtlichen Kneipe in unserem Kaff vertreten war. Und in diesem Jahr, wie ich schon anmerkte, hörte Phil leider sein eigenes „Got to give it up“ nicht mehr. Wegen Drogenbesitz angeklagt, wurde er freigelassen. Vom Heroin kam er nicht mehr los, es zerstörte diesen großen Musiker. Am 4. Januar 1986 starb er elendig im Alter von 34 Jahren nach 8tägigem, drogenbedingten Koma.

(An dieser Stelle Grüsse an alle Verherrlicher von Pete Doherty´s Drogeneskapaden…)

Also, wie man sieht…14 Alben (ohne die Soloalben), und darunter 9-10 direkte Kaufempfehlungen, diese Band ist Pflichtprogramm für alle, die guten Rock mögen. Und es war Rock im besten Sinne, nie wirklich wurde die Grenze zum Heavy Metal o.ä. bedeutsam überschritten. Leider waren Thin Lizzy jahrelang ziemlich unbeachtet, was sich aber ab und zu durch Coverversionen oder den Todestag von Phil wieder mal ändert.

Es gibt viele zusammengestellte Thin Lizzy Scheiben, bekannt ist z.B. die „Dedication – Very best of“. Leider gibt es auch unzählige jämmerliche Compilations. Um auf die Frage von Latho noch einzugehen – bereits 1976 erschien (im Zuge des damaligen Erfolges) eine Zusammenstellung früher Songs unter dem Namen „Remembering“. Es handelt sich um eine Doppel-LP (Decca) mit Material von 1971-74. Die habe ich und kann sie empfehlen, weil sie dieses frühe Folk-Feeling ganz gut einfängt und ein schönes Foldout-Cover hat (mit ähnlichem Design wie das der Jailbreak!).

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