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nail75Doch haben sie beide. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind nur zwei Aspekte desselben Grundrechts und Kunstfreiheit ist lex specialis zur Meinungsfreiheit. Mit anderen Worten, die Kunstfreiheit ist ein Spezialfall der Meinungsfreiheit (was aber in dieser Diskussion keine Rolle spielt). Die wird vom Bundesverfassungericht so definiert:
Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (un des droits les plus precieux de l’homme nach Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789). Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (BVerfGE 5, 85 [205]). Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt, „the matrix, the indispensable condition of nearly every other form of freedom“ (Cardozo).
BVerfGE 7, 19 („Lüth“-Urteil)
Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Veröffentlichung der Karrikaturen ein politische Katastrophe war, Zündstoff und Nahrung für Hass, Gewalt und Mordaufrufe. Die Diskussion hier scheint dies zu unterschätzen. Ich kann mich diesen Zitaten in vollem Umfang anschließen:
UNO-Generalsekretär Kofi Annan zeigte sich besorgt und sagte, die Pressefreiheit sollte keine Ausrede sein, um Religionsgemeinschaften zu beleidigen. Wörtlich sagte er: “Die Pressefreiheit sollte immer in einer Weise angewendet werden, die den Glauben und die Lehren aller Religionen vollständig respektiert“.
Der Sprecher des US-Außenministeriums sowie der britische Außenminister bezeichneten die Karikaturen als „beleidigend“, zu jeder Demokratie gehören „neben der Meinungsfreiheit auch Aspekte wie die Förderung von Verständnis und der Respekt von Minderheitenrechten“.
Ein Sprecher des Vatikans bezeichnete die Veröffentlichung als „inakzeptable Provokation“, verurteilte jedoch alle Gewaltaktionen. Man könne über christliche Priester und die Bräuche der Moslems Satire betreiben, nicht aber über Gott, den Koran oder Mohammed.
Der Schriftsteller Günter Grass verurteilte die Aktion der dänischen Zeitung: „Es war eine bewusste und geplante Provokation eines rechten dänischen Blattes“, und „Sie haben aber weitergemacht, weil sie rechtsradikal und fremdenfeindlich sind.“ Zudem kritisierte er den Hinweis westlicher Medien auf die Meinungsfreiheit als Heuchelei.
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