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Ferdinand von Schirach ∙ Schuld
Ein minderjähriges Mädchen beschuldigt einen Mann, sie unsittlich berührt zu haben. Der mutmaßliche Täter, zum Opfer einer falschen Anschuldigung geworden, schweigt und wird zu Unrecht verurteilt. Nach der Massenvergewaltigung einer jungen Frau schweigen die Täter und gehen straffrei aus. Das sind nur zwei Extreme, die das Spektrum der neuen Kurzgeschichten des Berliner Strafverteidigers verdeutlichen.
Ferdinand von Schirach ist im vergangenen Jahr mit seinem Debüt „Verbrechen“ nicht nur zum Liebling des Feuilletons geworden: Seine Kurzgeschichten verkauften sich in über 30 Ländern.
So viel Erfolg verpflichtet. Der zweite Band nach dem gleichen Erfolgsrezept ist schnell nachgelegt. Wieder sind es Kriminalfälle, die dem Anwalt in irgendeiner Form begegnet sind. Die kurzen Sätze, die ohne schmückende Adjektive auskommen, unterstützen das Lakonische der Texte. Die meisten Fälle, die von Schirach erzählt, sind spannend aufgebaut. Im Gegensatz zum Debüt sind sie aber noch verdichteter und schlanker.
Ein ums andere Mal aber missrät eine Geschichte völlig, gerät ein Plot vorhersehbar oder erweist sich die Pointe als platt. Auch wenn Ferdinand von Schirach erneut zum großen Literaten hochstilisiert wird, mehr als kurzweilige Unterhaltung für zwei Stunden bietet „Schuld“ nicht.
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