Re: Birdseys Rezensionen

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dominick-birdsey
Birdcore

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Philip Roth ∙ Die Demütigung

Simon Axler ist ein berühmter Schauspieler. Im Alter von sechzig Jahren stellt er fest, dass er sein Talent verloren hat, und stürzt in eine tiefe Depression. Die verschärft sich noch, als seine Frau ihn verlässt. Axler hegt Selbstmordgedanken. Dann beginnt er eine Affäre mit Pegeen, der 20 Jahre jüngeren Tochter eines befreundeten Schauspielerehepaares. Pegeen gibt ihre lesbische Lebensart für den älteren Mann auf und versucht mit ihm einen Neubeginn. Ein Scheitern, so weiß auch Axler, würde für ihn den Untergang bedeuten.

Philip Roth bleibt fleißig. Nahezu jedes Jahr beglückt er seine Leser mit einem neuen Roman. Thematisch betritt Roth kein Neuland: Wie zuletzt oft kreist er um Sex, Alter und Vergänglichkeit. „Die Demütigung“ ist (in drei Akten) nicht nur aufgebaut wie ein Drama, sondern funktioniert selbst als solches. Das verdeutlichen auch die Anspielungen auf Dramen, in denen sich die Hauptpersonen das Leben nehmen.

Verdichtung ist das Prinzip, das sich Roth in den vergangenen Jahren angeeignet und bis zur Perfektion getrieben hat. Allein die komprimierte Geschichte über eine Frau, die ihren Mann erschießt, weil dieser ihre Tochter missbraucht hat, ergäbe einen kompletten Handlungsstrang. Wie immer trifft bei Roth der Romantitel „Die Demütigung“ auf jede Figur zu. Sowohl auf Pegeen, die von ihrer Freundin verlassen wurde, weil diese ein Mann werden wollte. Als auch auf Axler selbst. Trotz der Vielschichtigkeit ist „Die Demütigung“ nicht Roths bester Roman. Ungewöhnlich distanziert schreibt der Autor über seine Figuren. Während sonst die Charakterisierungen seine Stärke sind (wie in „Der menschliche Makel“ oder in „Exit Ghost“), bleibt er diesmal vage und an der Oberfläche. Eine routinierte und auch souveräne Arbeit, mehr nicht.

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