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Siegfried Lenz: Landesbühne
Clemens heißt der Ich-Erzähler des neuen Buches von Siegfried Lenz. „Der Sanftmütige“ ist Professor für Literatur und sitzt im Gefängnis, weil er seinen Studentinnen geholfen hat, ihre Prüfungen zu bestehen. Natürlich nicht ohne Gegenleistung. Mit ihm in der Zelle sitzt Hannes. Er hat sich als Polizist ausgegeben und auf diese Art Bußgelder kassiert. Leider irgendwann von der Polizei selbst.
Mit anderen Gaunern sitzen sie in Isenbüttel ein. Bis eines Tages ein Bus mit Schauspielern vorbeikommt. Die sogenannte „Landesbühne“. Während der Aufführung des Stückes „Labyrinth“ fliehen die Gefängnisinsassen mit dem Bus in das Örtchen Grünau, wo sie in kurzer Zeit sich als Personen des öffentlichen Lebens eine gewichtige Rolle erarbeiten.
Zwar gelingt die Lenz-Erzählung in einigen Punkten: Doppelbödigkeit, gekonnte literarische Anspielungen und schräger Humor. Die Flucht aus dem Gefängnis als Normenbruch und der resultierende Konflikt sind novellenspezifisch – genauso wie die kleinen Geschichten in der Geschichte.
Lenz kann mit wenigen Worten sein Figurenpersonal präzise umschreiben. Es ist schrullig, schräg und schelmisch. Wie überhaupt die ganze Novelle einer Posse gleicht. Plädoyer für den Ausbruch aus dem Alltag, für Verrücktheiten und Fantasien. Dabei erhebt Lenz niemals den Zeigefinger und erspart dem Leser jegliche Form von Moral.
Aber leider ist die Sprache des Autors konservativ, überraschungsarm und altbacken. Das Ende mit der Erkenntnis, dass „manchmal die Wahrheit nur erfunden werden kann“, ist bemüht und wirkt aufgesetzt. Letztlich ist die „Landesbühne“ nicht mehr als eine intelligente, aber leicht langweilige Fingerübung.
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