Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Die musikalische Länderkunde › Afrika › Re: Afrika
Mayra Andrade – stória, stória… (2009)
Ich muss gestehen, dass die Musik der Kapverden bei mir bislang nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Mayra Andrade bildet hier die Ausnahme, was vielleicht auch daran liegen mag, dass sie die Musik ihrer Heimat, die typische Melancholie der Kapverden, mit westafrikanischen, brasilianischen, kubanischen und auch französischen Einflüssen mischt und hier und da mit ein paar Jazztupfern versieht. Hinzu kommt diese leicht angerauhte Stimme, die viel erwachsener und lebenserfahrener klingt als man das von einer gerade mal 24-Jährigen erwarten würde. Wobei es der auf Kuba geborenen und auf Kap Verde, in Angola und in Frankreich aufgewachsenen Andrade sicher nicht an Lebenserfahrung mangeln dürfte. Wirkte sie bei ihrem Auftritt in Würzburg vor 3 Jahren noch etwas schüchtern, so wickelt sie ihr Publikum auf der aktuellen Tour mit jeder Menge Charme und Eleganz um den kleinen Finger, kokettiert mit ihrem manchmal etwas holprigen Englisch („Gestern war mein Englisch viel besser. Ehrlich!“) oder lobt mit einem Augenzwinkern die deutsche Perfektion. Einziger Wehrmutstropfen beim Konzert in Karlsruhe waren die Stuhlreihen, die bis vor an die Bühne aufgebaut wurden. Ansonsten war es aber ein wunderbares Konzert, das sich vor allem auf die Vorstellung des neuen Albums stória, stória… konzentrierte. Dabei wurde die Rhythmik vor allem durch den brasilianischen Perkussionisten Ze Luis Nascimiento gegenüber dem Album noch deutlich verstärkt. Flink wie ein Wiesel wechselte er zwischen einer ganzen Batterie von Instrumenten und sorgte bisweilen für eine Dynamik, welche die Stuhlreihen noch überflüssiger erscheinen ließ, als sie dies eh schon waren. Der kamerunischen Bassist Etienne M’Bappé sorgte dagegen hier und da für funkige Elemente und beim großartigen Luo vom Debüt Navega sang Andrade zunächst nur vom Bass begleitet, ehe die Perkussion einsetzten.
Im Gegensatz zum Konzert wirkt auf dem Album alles etwas zurückhaltender und noch detailfreudiger, als dies beim Liveauftritt schon der Fall war. So sorgt im Stück Tchápu na bondera eine Kora für Akzente, während bei Seu eine einsame Trompete ein paar Jazztupfer setzt. Seu ist auch ein schönes Beispiel dafür, dass Mayra Andrade auch ein Händchen für das Songwriting hat, eine Fähigkeit, die sie hier aber leider nur 5 mal unter Beweis stellt, darunter auch Odjus fitchádu eine Kollaboration mit dem Israeli Idan Raichel, das auf einem kapverdischen Rhythmus, dem sogenannten Coladeira, basiert oder Mon carrousel, ein rhythmusbetontes Stück mit einer chansonartigen Melodie, das auch auf französisch gesungen wird. Aber auch die restlichen Stücke, darunter Songs ihres Gitarristen und kapverdischen Multiinstrumentalisten Kim Alvés wissen zu überzeugen. Auch die meisten anderen Fremdkompositionen wurden speziell für Mayra Andrade geschrieben, wobei die Autodidaktin, die keine Noten lesen kann, immer konkrete Vorstellungen davon hat, wie sie die einzelnen Songs umsetzen möchte und sie somit quasi zu ihren eigenen macht. Und das funktioniert auf stória, stória… ausgesprochen gut.
Discographie
2006 Navega
2009 stória, stória…
Internet
--
Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?