Re: Afrika

#4629295  | PERMALINK

sparch
MaggotBrain

Registriert seit: 10.07.2002

Beiträge: 36,854

Kasai Allstars – In the 7th moon, the chief turned into a swimming fish and ate the head of his enemy by magic (2008)

Den Preis für den Albumtitel des Jahres hätte diese Gruppe aus dem Kongo schon einmal sicher. Nicht nur dass er Assoziationen zu Captain Beefhearts’s Magic Band weckt, auch die Musik ist für europäische Ohren bisweilen durchaus avantgardistisch anmutend. Nein, mit Don Van Vliets Deltablues und Freejazz hat das natürlich nichts zu tun, mit uns bekannten Hörgewohnheiten allerdings auch nicht. Das in Kinshasa ansässige Kollektiv besteht aus 25 Musikern aus 5 verschiedenen Bands, die alle aus der Kasai Region im Süden der Demokratischen Republik Kongo stammen. Jede Band gehört wiederum einer anderen ethnischen Gruppe an: Luba, Songye, Lulua, Tetela und Luntu. Jede dieser Gruppen hat ihre eigenen Sprache, Kultur und Tradition und das Nebeneinander war in der Vergangenheit nicht immer friedlich. Dennoch gelingt es den Musikern all diese Unterschiede zu einer Einheit zu verschmelzen. Eine Einheit, die völlig frei ist von bekannten Stilen wie Soul, Funk oder Jazz, denn die Kasai Allstars beziehen sich musikalisch auf vorkoloniale Traditionen, welche durch die Christianisierung durch die Europäer, die in den erotischen Tänzen und der heidnischen Musik Teufelswerk sahen, größenteils verbannt wurden. In den Dörfern der Kasai Region, die trotz Reichtum an Bodenschätzen zu den ärmsten Regionen des Landes zählt, hat das bis heute Gültigkeit. In den Großstädten besinnt man sich jedoch zunehmend dieser alten Traditionen.

Ganz frei von westlichen Einflüssen ist die Musik dann allerdings doch nicht, so spielt die elektrisch verstärkte Gitarre neben einer Reihe traditioneller Instrumente eine entscheidende Rolle und entfaltet hier auch einen recht eigenständigen Klang, der sich perfekt in das Klangbild einfügt. Neben Xylophon und Likembe, dem kongolesischen Daumenklavier, das hier ebenfalls elektrisch verstärkt wird, fällt vor allem ein Instrument namens Tam Tam auf, ein Percussion Instrument, das vom Klang her dem Zirpen einer Grille nicht unähnlich ist. Daneben gibt es noch jede Menge weiterer Percussion, die für ein polyrhythmisches Fundament sorgen. Dazu erklingen beseelte Gesänge und mal psychedelische, mal rumbaesque Gitarren. Das alles wird verpackt in 9 lange, bisweilen tranceartige und hypnotische Stücke, die für ein durchaus organisches, auf jeden fall aber unglaublich intensives Klangbild sorgen. Es ist schlicht und ergreifend beeindruckend, wie hier die Gegensätze zu einer Einheit zusammenfinden. Denn es galt ja nicht nur, neue Instrumente zu integrieren, sondern auch dafür zu sorgen, dass die 5 Ethnien gleichberechtigt und zu gleichen Anteilen präsentiert werden. Für die Musiker bedeutete das, dass sie z.T. ungewohnte Passagen einstudieren mussten.
Stellvertretend sei hier das erste Stück Quick As White genannt, das natürlich nicht auf englisch gesungen wird aber bereits über all diese großartigen Zutaten verfügt: brodelnde Polyrhythmen, die über ca. 8 Minuten am Köcheln gehalten werden, feine, sich wiederholende Motive auf der E-Gitarre und eine Gesangstimme, die im Wechsel mit einem Chor für eine Art Melodie sorgt. Eingespielt wurde das Album übrigens bis auf eine Ausnahme live in Kinshasa.

In the 7th moon… wurde als dritter Teil der Congotronics Reihe des belgischen Labels Crammed veröffentlicht.

Beteiligte Bands

Lusombe Madimba, Tandjolo, Dibua Dietu, Basokin und Masanka Sankayi

Congotronics Discographie

Vol. 1: Konono No. 1 – Congotronics (2005)
Vol. 2: Various – Buzz’N’Rumble from the Urb’N’Jungle (2005)
Vol. 3: Kasai Allstars – In the 7th moon… (2008)

Internet

MySpace
Crammed

--

Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?