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Les Tambours De Brazza – „Brazza“ (2008)
Ein weiteres Highlight des kleinen französischen Labels Marabi ist diese Werkschau des wohl bekanntesten Tommelensembles aus Afrika. Drummer und Songwriter Emile Biayenda gründet die Band, die zunächst nur aus Trommlern besteht, im Jahr 1991. Von Anfang an ist die Vermischung von Tradition und Moderne die Grundlage dieser Band, die im Lauf der Jahre weitere Instrumente wie Gitarre, Bass oder Keyboard in das Bandgefüge integriert. Die Trommeln stehen jedoch bis heute im Vordergrund und der dadruch enstehende einzigartige Klang ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, das von Anfang an ein modernes Schlagzeug, gespielt von Bandleader Biayenda, mit den traditionellen Ngoma Trommeln kombiniert wurde. Dadurch entstehen moderne Varianten der Rhythmen verschiedener kongolesischer Bevölkerungsgruppen.
„Brazza“, übrigens die Kurzform der kongolesischen Hauptstadt Brazzaville, ist ein CD/DVD Package, das neben Studioaufnahmen auch ausgewählte Liveaufnahmen aller Phasen der Band präsentiert. Auf der CD befinden sich 14 ausgewählte Stücke der Alben Ahaando, Zangoula und Tandala, lediglich das Debüt Congo Drums wurde ausgespart. Die 14 Stücke wurden zwar nicht chronologisch angeordnet, aber man kann dennoch die Entwicklung der Band sehr gut nachvollziehen. So bestehen die Ahhando Tracks noch ausschließlich aus Trommeln und Gesang. Besonders erwähnenswert ist hier das Stück Nostalgie, das beweist, dass ein Song auch nur mit Trommelbegleitung funktionieren kann. Die Stücke des Livealbums Zangoula gehen einen Schritt weiter und integrieren zumeist Bass (hier gespielt von Manou Gallo) oder Gitarre in das Bandgefüge. Vor allem der Bass wirkt hier wie eine Art Klebstoff, der die Trommeln noch dichter zu einer Einheit verschmelzt. Auch gesangtechnisch bleibt die Moderne nicht außen vor, so wird das Stück Ahaando um einen Rap erweitert. Die Stücke des bislang letzten Albums Tandala machen einen weiteren Schritt in die Moderne und präsentieren erstmals auch Keyboards. Dadurch erhält so manches Stück einen durchaus poppigen Charakter wie z.B. Sango (les news), und das, obwohl die Trommeln nach wie vor dominieren, während sich alle anderen Instrumente dezent im Hintergrund halten.
Die DVD beinhaltet drei Livemittschnitte, anhand derer man die Entwicklung der Band nun auch bildlich nachvollziehen kann. Der Auftritt in Windhoek aus dem Jahr 1997 zeigt noch das ursprüngliche Trommelensemble, während im Maison de la Culture im belgischen Arlon im Jahr 2000 der Bass eine nicht zu vernachlässigende Position einnimmt. Ein Mitschnitt aus Nancy aus dem Jahr 2002 zeigt schließlich die aktuelle Besetzung. Als Bonus bietet die DVD einen 30 minütigen Trommel-Workshop, eine 40 minütige Jam Session sowie ein kurzes Interview mit Emile Biayenda. Leider hat man sich jedoch nicht die Mühe gemacht, Untertitel bereitzustellen. so dass man schon des Französischen mächtig sein muss, um die Musiker zu verstehen. Auch während der Konzerte eingeblendete Erläuterungen gibt es nur in französischer Sprache. Klang und Bild reichen von amateuhaft (Windhoek) bis professionell (Nancy), wobei man sich auch bei den Schnitten keine große Mühe gegeben hat, was den Fluss vor allem beim Nancy Auftritt etwas stört.
Wenn man mal von der Kleinigkeiten absieht, die es bei der DVD zu kritisieren gibt, handelt es sich bei „Brazza“ um eine hervorrragende Retrospektive. Bleibt zu hoffen, dass es in naher Zukunft auch neues Material dieser aufregenden Gruppe geben wird.
Discographie
1996: Congo Drums
1997: Ahaando
2000: Zangoula
2003: Tandala
2008: „Brazza“
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?