Re: Afrika

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MaggotBrain

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Portrait: Habib Koité

Habib Koité entstammt dem Adelsgeschlecht der Khassonké Griots. Seine Leidenschaft für Musik erbte er von seinem Großvater väterlicherseits, der die Kamale N’Goni, eine traditionelle viersaitige Laute, gespielt von Jägern im Gebiet der Wassolou, spielte. Koité entschied sich jedoch für die Gitarre und entwickelte eine einzigartige Spielweise, um seine Mutter, eine bekannte Griotte, zu begleiten. Gitarrenspiel und Gesang erlernte er nach eigener Aussage autodidaktisch, Unterricht hat er nie erhalten.

Ursprünglich sollte Koité den Beruf eine Ingenieurs erlernen, aber auf Drängen seines Onkels, der sein musiklisches Talent erkannte, bewarb er sich beim National Institute of Arts (INA) in Bamako. Nach nur sechs Monaten wurde er 1978 zum Leiter der Schulband INA Star ernannt. Insgesamt 4 Jahre studierte er Musik und schloss das Studium 1982 mit Bestnoten ab. In der Tat war sein Talent so groß, dass das INA ihn als Gitarrenlehrer einstellte. Schon während des Studiums hatte er die Möglichkeit, mit anerkannten Musikern aus Mali zu spielen, darunter namhafte Künstler wie Kélétigui Diabaté oder Toumani Diabaté. Ersterer ist mittlerweile schon seit einigen Jahren Vollzeitmitglied seiner Band.

1988 gründete er seine bis heute bestehende Band Bamada (ein Spitzname für die Einwohner Bamakos, der frei übersetzt etwa „im Maul des Krokodils“ bedeutet), bestehend aus jungen malischen Musikern, mit denen er schon seit seiner Kindheit befreundet war. 1991 gewann er den ersten Preis beim Voxpole Festival im französichen Perpignan, der ihm genügend Geld einbrachte, um 2 seiner Songs aufzunehmen und zu veröffentlichen. Einer davon war Cigarette A Bana, welcher ein Hit in Westafrika war. Das Stück ist übrigens ein Antirauchlied, das die Geschichte von einem Jungen erzählt, der sich nichts aus Zigaretten macht, sich aber schließlich doch von seinen Freunden überzeugen lässt, eine zu rauchen, wovon ihm jedoch schlecht wird und er daraufhin schwört, nie wieder zu rauchen. Nach der Veröffentlichung einer weiteren erfolgreichen Single mit dem Titel Nanalé gewann er den angesehenen Radio France International (RFI) Discoveries Preis, der es ihm ermöglichte, mit seiner Gruppe eine erste Tour außerhalb Afrikas zu unternehmen.

Im Januar 1995 reiste Koité zu seinem Manager Michel de Bock nach Belgien und nahm sein erstes Album Muso Ko auf, welches auch gleichzeitig das erste für das damals neu gegründete Label Contre Jour war. Auf dem Album waren auch die beiden zuvor veröffentlichten Singles enthalten. Muso Ko klingt im Gegensatz zu späteren Veröffentlichungen hier und da noch ein bisschen ungestüm, zeigte aber schon alle Qualitäten, die Koité bis heute auszeichnen. Vergleichsweise noch wenig traditionel empfiehlt er sich bereits hier als ausgezeichneter Songwriter. Das Album erreichte in den europäische Weltmusikcharts Platz 3 und Habib Koité wurde zu einer festen Größe im europäischen Festivalzirkus und seine energiegeladenen Shows wurden weltbekannt.
Weitaus subtiler als noch auf dem Debüt ging es auf dem 1998 veröffentlichten 2. Album Ma Ya zu, welches eine introspektivere Seite Koités offenbarte. Mit Foro Banna findet sich hier auch ein Blues, bis heute einmalig in Koités Discographie. Ebenso einmalig ist die Tatsache, dass ein Stück (Kumbin) auf Englisch gesungen wird. Für gewöhnlich singt Koité seine Lieder auf Bamara, der meistgesprochenen Sprache in Mali.

Sowohl die kritischen als auch die kommerziellen Reaktionen auf Ma Ya in den USA waren überwältigend, was zur Folge hatte, dass Habib Koité Thema in vielen Zeitungen und Magazinen wie New York Times oder Rolling Stone war. Auch im Radio und Fernsehen wurde er nun des öfteren gespielt. Prominente Fans wie Jackson Browne oder Bonnie Raitt besuchten ihn in Mali, um mit ihm zu arbeiten.

Das dritte Album Baro machte 2001 da weiter, wo Ma Ya zuvor aufgehört hatte und präsentierte erstmals Kélétigui Diabaté an Balafon (ein westafrikanisches, hölzernes Xylophon) und Violine. Diabaté, der in den 60er Jahren schon mit Lionel Hampton gearbeitet hatte, wurde zum festen Bestandteil in Koités Band Bamada. Auf Baro wurde das musikalische Spektrum um kubanische und Latinoelemente erweitert, was vor allem in Batoumanbe und einer neuen Einspielung von Cigarette A Bana zu hören ist. Aber auch sonst kombiniert Baro auf das Vorzüglichste malische Traditionen mit westlichen Einflüssen.

Nach einer ausgedehnten Welttour erscheint 2003 das Livealbum Fôly! Live around the World, welches in 150 Minuten 18 Songs aus den 3 vorangegangenen Alben präsentiert. Die Aufnahmen stammen aus verschiedenen Konzerten in Europa, wurden aber so zusammengesetzt, dass sie wie ein einzelnes Konzert wirken. In z.T. veränderten Arrangements werden die teilweise deutlich längeren Stücke hier um episch atmosphärische Elemente erweitert. Fôly! zeigt, dass Koité und Band auch brillante Livemusiker sind und ist somit alles andere als ein Best Of Album mit dazwischen gemischtem Publikum.

Auch in den folgenden Jahren touren Habib Koite & Bamada unermüdlich durch die ganze Welt mit Auftritten in Australien, Japan, Brasilien, Marroko, Südafrika, Russland, USA, Mexiko und beinahe jedem Land in Europa. Unter dem Eindruck neuer Erfahrungen und Perspektiven versteht es Koité in Hotelzimmern und Tourbussen neue Songs zu schreiben. Erste Proben zum neuen Album finden ein einem kleinen Dorf in Südbelgien statt, wo sich der Sitz seiner langjährigen Plattenfirma Contre Jour befindet. Mit den Aufnahmen begann man jedoch im vertrauten Yeleen Studio in Bamako. Weitere Aufnahmen fanden wiederum bei Contre Jour statt, während das Album in Vermont schließlich fertiggestellt wurde. Und obwohl das im Herbst 2007 veröffentlichte Afriki auf 3 Kontinenten aufgenommen wurde richtet Habib Koité den Fokus mehr den je auf seine Wurzeln und seine Heimat ohne dabei den panmalischen Ansatz in seiner Musik aufzugeben. Das Album unterscheidet sich tatsächlich nur marginal von seinem Vorgänger, zeigt aber, dass Koité sein Songwriting weiter verfeinert hat. Neu auf Afriki sind Frauenchöre sowie der Einsatz von Bläsern auf 2 Stücken. Besonders erwähnenswert ist hier Nta Dima, bei dem Antilopenhörner zum Einsatz kommen und das bis dato sein traditonellstes Stück ist. Im Stück Africa wurden die Bläser dagegen von Pee Wee Ellis arrangiert.
Das zentrale Thema auf Afriki, welches das Bamara Wort für Afrika ist, ist die Stärke und Herausforderung Malis im Besonderen und Afrika im Allgemeinen. Koité richtet sich an eine junge Generation von Afrikanern, in der Hoffnung sie davon zu überzeugen die positiven Aspekte afrikanischen Lebens anzuerkennen und schätzen zu lernen. Nur weil ein Land arm ist, muss die Lebensqualität dort nicht zwangsläufig schlecht sein. Und obwohl Mali ein armes Land ist, hat es immer noch eine gute Lebensqualität, so Koité. Man kann rausgehen und lächeln und irgend jemand wird zurücklächeln. Die ausgedehnten Reisen durch die Welt haben die Liebe zu seiner Heimat nur noch verstärkt, und das hört man Afriki mit jeder Note an.

Discographie

1995: Muso Ko
1998: Ma Ya
2001: Baro
2003: Fôly! Live around the World
2007: Afriki

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