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Minyeshu – Dire Dawa (2008)
Dire Diwa, an der Bahnstrecke Addis Abeba-Djibouti gelegen, ist die zweitgrößte Stadt Äthiopiens und gleichzeitig auch Geburtsort von Minyeshu Kifle Tedla, so ihr vollständiger Name. Bereits in jungen Jahren entdeckte sie ihre Leidenschaft für Tanz und Gesang und schloss sich zunächst dem äthiopischen Nationaltheater an, mit dem sie weltweit Auftritte hatte. Gleichzeitig spielte sie auch in einer Band, mit der sie in den Nobelhotels in Addis Abeba auftrat. Obwohl sie in ihrer Heimat ein Star war, wagte sie 1996 zusammen mit ihrer Band den Schritt nach Europa, um dort ihr Glück zu versuchen, was jedoch zunächst einmal scheiterte. Dennoch bewies sie Durchhaltevermögen und veröffentlichte 2002 schließlich ihr Debütalbum Meba, das sich nach eigener Aussage jedoch ausschließlich dem Partyfaktor Afrikas widmete. In der Zwischenzeit gründetet sie die Gruppe Chewata und arbeitet heute auch mit Musikern aus Amerika oder dem Sudan.
Mit ihrem zweiten Album Dire Diwa geht Minyeshu nun einen Schritt weiter und präsentiert Songs, die nicht nur zum Tanzen sondern auch zum Zuhören gedacht sind. Dabei gelingt es ihr, Tradition und Moderne wunderbar miteinander zu verknüpfen, indem sie der Musik ihrer Heimat ein panafrikanisches, ja internationales Flair verpasst, in dem sich westafrikanische Klänge ebenso wiederfinden wie Jazz, Funk, Soul oder Blues. Im Team mit ihrer Band erweist sie sich zudem als ausgezeichnete Songschreiberin, wie man z.B. im Stück Tilishign Athij nachhören kann: eine Ode an die geliebte und verstorbene Großmutter, angelegt als reduzierter, tranceartiger Blues. Das Titelstück überzeugt dagegen durch Rhythmuswechsel, jeder Menge Percussion und einem funkigem Bass. Das Nebeneinander von ernsten und heiteren Themen funktioniert also prächtig und so thematisiert sie im Stück Afrika die Probleme Afrikas und fordert die Afrikaner schließlich dazu auf, sich nicht selbst zu bekämpfen. Minyeshu singt ihre Lieder ürbigens durchgehend auf Amharisch, der Amtssprache Äthiopiens. Dieser Umstand mag manch einen vielleicht davon abschrecken, sich näher mit solcher Musik zu beschäftigen, da man als Europäer in der Regel kein Wort versteht. Andererseits ist das nicht weiter schlimm, denn wie schon bei Simphiwe Dana wird dadruch die Sprache zu einer Art weiterem Instrument und ähnlich wie Xhosa, fasziniert auch Amharisch schon alleine dadurch, dass man als Nichtsprecher bereits Schwierigkeiten hat, die Worte überhaupt zu lesen geschweige denn auszuprechen. Die Sprache ist hier also auch ein entscheidendes Stilmittel, würde sie Englisch singen, es wäre nicht dasselbe. Und so fasziniert eine Ballade wie Like-neh, die nur mit Piano und einem Banjo auskommt und die Kraft der Liebe beschwört, umso mehr. Buna dagegen bringt dem Hörer die Kultur des ätiopischen Nationalgetränkes Kaffees näher, der seinen Ursprung in er Provinz Kaffa hat. Ein Ker-Yihun ist ein traditioneller Lobgesang vor Familie und Freunden und das abschließende Ayasresam gleitet sanft dahin, veredelt durch eine Kora und einem dezent eingesetzten Saxophon.
Dire Dawa ist wieder so ein Album, auf dem es viel zu entdecken gibt und das bei jedem Hören neue Facetten bietet, das z.T. eingängige Melodien mit komplexen Rhythmen verbindet und dabei eine ungeahnte Vitalität ausstrahlt. Ein weiteres Highlight 2008!
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?