Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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nick-longhetti

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Geständnis einer Sechzehnjährigen (Georg Tressler, 1960)

All die Lügen und Beschwichtigungen, die sich auf der Dialogebene immerfort um die Ohren gehauen werden, können nicht verbergen, wie wahrhaftig und ergreifend Tresslers Film dahinter ist – die Kraft von Bildern und stummen Gesten kann eben kein Täuschungsmanöver unterminieren. Absolut großartig!


Bergkristall (Harald Reinl, 1949)

Reinls Spielfilmdebüt trägt schon deutlich seine unverkennbare Handschrift: Dieser Fatalismus, die Religiösität, Berge die Menschen bedrohlich überragen, ein Individualist im Kampf gegen seine verständnislose Umgebung – und dort liegt auch das Besondere dieses Filmes: Hier scheinen die Menschen mehr Mitbestimmungsrecht über ihr Schicksal zu haben als in den meisten seiner Filme; die Boshaftigkeit und Abergläubigkeit der Dorfbewohner ist mehr als Schicksal und wenn sie sich des Nachts mit Fackeln vor der Türe des zu Unrecht Beschuldigten versammeln, wirkt das, so kurz nach dem Krieg, ungewöhnlich bedrohlich.
Interessant auch dieser Gegensatz zwischen der tiefen Religiösität des Filmes und der Tatsache, dass die Menschen sich, in der Hoffnung auf ein Wunder, in Gefahr stürzen, aber letztendlich ihre Probleme ohne göttlichen Beistand lösen. Religion ist bei Reinl nie Überlegenheitsgefühl, sture Tradition oder Selbstzweck, aber immer Zuflucht vor der harten Welt.
Etwas theaterhaftes Schauspiel, aber ansonsten toll, toll, toll.

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We are all failures, at least the best of us are.