Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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napoleon-dynamite
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candycolouredclownUnd auch wenn ich „Hostel 2“ um einiges besser finde als „The Green Inferno“, sehe ich den „visuell gewaltigen Rückschritt“ nicht.

Hmm, mich störte das visuell Kleinformatige schon sehr, sonst hätte ich wahrscheinlich über vieles gut hinwegsehen können. Der Film machte auf mich den Eindruck, als hätte Eli zwei, drei wirklich sehr tolle Sequenzen gedreht (die munter die Toten pökelnde und bratende Gemeinde), für die das komplette Budget draufging, und dann den Rest on a shoestring fertiggestellt. Über weite Teile hatte „The Green Inferno“ nämlich eher den Look und vor allem den quälend zähen Groove eines 90er-Jahre-TV-Films. Das fingen weder Drehbuch, Schauspieler noch sonst eine zündende Idee auf.

Sonic Juice[…] aber auch kein aufgeblasener, sich nur auf eigene und fremde Schenkel klopfender Retro-Schabernack.

Ja, da stimme ich dir zu – der Film verzichtet auf naseweise Verweise und In-Jokes, bemüht sich um keinen vintage look und langweilt auch nicht mit der hundersten Found-Footage-Erzählweise. Wenn schon ein sehr offensichtlicher Einfluss zu erkennen ist, dann der von Mel Gibsons „Apocalypto“, abzüglich dessen Bildgewalt und Energie. Zumindest für mich setzt Roth aber auch nichts genuin Eigenes oder Persönliches. Und es macht nicht allzu viel Spass.

Vergleicht man den Film tatsächlich doch mit „Cannibal Holocaust“, ohne unbedingt von vornherein auf ein grundsätzliches Früher-war’s-eh-immer-Geiler aus zu sein, dann fehlt wohl vor allem einfach das Doppelbödige und unauflöslich Widersprüchliche des Horrorkinos der 70er. Dort waren es noch die vermeintlich Zivilisierten, die sich im Dschungel wie Säue benahmen und von den Einwohnern abgeschlachtet wurden, ohne dass der Film klar erkennen liess, ob er nihilistische Freude oder moralische Bedenken dabei habe. 2013 sind es lediglich gut meinende, niedliche Ökoaktivisten, die ans bösartig Archaische geraten. Ob man das nun als Statement ernst nimmt oder als satirisch-augenzwinkernd auflöst, es bleibt so oder so platt und nur leidlich interessant. Roth sah den Film ja als seinen Abschiedsgruss ans Torture-Genre, mit „Knock Knock“ hat er bewiesen, dass er längst an einem ganz anderen, viel aufregenderen Ort ist. Deswegen habe ich bezüglich „The Green Inferno“ letztlich doch keine hard feelings.

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