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Nick LonghettiWas hältst du eigentlich von Langs letztem Film „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“, Napo?
Auf „1000 Augen“ halte ich große Stücke. Mit seinem eiseskalten Obduktionsstil im Genre-Mantel war Fritz Lang in der BRD von 1960 genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Verbrechen, die bei den Ermittlungsarbeiten immer weiter gestaffelt in die Vergangenheit führen, totgeschwiegene Täter, die unterm Firnis möglicherweise weiter die Welt lenken, der leutselig sächselnde Gert Fröbe (der kurz darauf in Helmut Käutners „Die Rote“ eine ungleich doppeldeutigere Rolle spielte) perfide besetzt als saturierter Kommissar – Fritz Lang spielte nicht herum und brachte Deutschland keine Helden, sondern verdrängte Bösewichter.
Dass Howard Vernon ein Jahr später in „Gritos en la noche“ spielte, ist für mich in diesem Zusammenhang auch kein Zufall: Der Einfluss Langs auf Jess Franco scheint mir in dessen Filmen der 60er allgegenwärtig, gerade was die exploitative Verschärfung, die emotional ungerührte Darstellung von Gewalt betrifft, die bei beiden immer mehr einer anatomischen Sektion denn lustvollem Exzess glich. Kein Wunder, dass sich Lang im Wechselzug später vor „Necronomicon“ verneigte. Aber der bittere Nachgeschmack, den „Tiger“, „Grabmal“ und „1000 Augen“ dann doch immer bei mir hinterlassen: Ich hätte gerne die nächsten Schritte gesehen, die Filme, die Lang nach „Le Mépris“ und Franco hätte drehen können.
lathoaber unter den Monumentalfilmen einer der wirklich guten
Ich würde sagen: Konkurrenzlos der beste. Mann inszeniert das Monumentale wirklich monumental, verzichtet aber auf exotische Verschnörkelung und künstliche Kulissen: Der Kern des Films ist bei ihm kein anderer als bei seinen religionslosen Dostojewskij-Western.
70mm-Kino ist nicht nur gut für Schlangen, sondern eben auch:
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A Kiss in the Dreamhouse