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Napoleon DynamiteJa. Das ist eine Zeit, in der das Pendel bei Käutner nach allen Seiten hin ausschlägt, for better or for worse: Von der Theaterhaftigkeit früher deutscher Fernsehfilme („Tagebuch eines Frauenmörders“) hin zum knatschbunt artifiziellen Tohuwabohu von „Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas“:
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(Hannelore Elsner!)
Das klingt ja schon mal nicht schlecht, nach „Epilog“ bin ich jetzt ohnehin wieder angefixt.
Napoleon DynamiteDazwischen gastierten noch die wilden Kerle Hollywoods in Deutschland: Fuller drehte eine delirierenden Tatort in Köln, Robert Aldrich und Sam Peckinpah okkupierten die Bavaria mit mustergültigen Genrefilmen – nur wo hinterließen diese Zelluloid-Geschenke einen Niederschlag im geltungsbedürftigen Neuen Deutschen Film?
Sure, aber bei großen Koproduktionen mit den USA beweißt man ja auch heute noch etwas mehr Wagemut, als man es beim heimischen Kino tut. Und Fullers großartiger Tatort wurde, als Teil einer beliebten Fernsehreihe, dem Publikum ja auch eher aufs Auge gedrückt, die Reaktionen waren ja dann auch entsprechend. Aber einfach verpufft sind sie ja letztendlich alle, das ist wie bei „Inglourious Basterds“ – man klopft sich auf die Schulter, was man da Feines mitproduziert hat, aber niemand möchte die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
Davor war das Genrekino tatsächlich mal kurz Bestandteil des filmischen Mainstreams, beim Publikum beliebte Filmserien endeten plötzlich mit tollen bis absolut großartigen Produktionen und waren vor dem Ende sogar noch eine Zeit lang nur unwesentlich weniger erfolgreich als vorher. Und so singuläre Filme wie „St. Pauli zwischen Nacht und Morgen“, „Zuckerbrot und Peitsche“ oder die drei Kinofilme von Brynych gab es danach wohl nie wieder.
Aber „Tote Taube in der Beethovenstraße“ ist das richtige Stichwort, ich glaube, schon damals hat der Prozess, Gewagteres und Idiosynkratisches ins Fernsehen abzuschieben, begonnen. Fast alle mir bekannten Derrick-Folgen von Alfred Vohrer (darunter solche Kleinode wie „Tote Vögel singen nicht“) schlagen bspw. viele seiner späten Kinofilme teils deutlich.
Napoleon DynamiteBis auf Fassbinders brillanten „Lili Marleen“ fällt mir nichts adäquat Schmutziges und Lebenssattes ein.
Stimmt, der ist sehr toll und bei mir, im Gegensatz zu vielen anderen Beiträgen aus dem NDF, in den letzten Jahren sehr in der Gunst gestiegen. Etwas wirklich Vergleichbares fällt mir dann auch nicht ein, habe aber ab und an nette Worte über die Western von Volker Vogeler vernommen, davon kenne ich aber keinen. Du?
Napoleon DynamiteStimmt. Ich habe noch einen weiteren Nachtrag: Kennst du Rudolf Jugerts „Film ohne Titel“, für den Käutner das Drehbuch schrieb und den er produzierte? Ein Wundertüte, die umso zauberhafter sein wird, wenn ich nicht zu viel darüber verrate!
Hier kannst du nicht zu viel verraten, den kenne ich schon; ganz fantastischer Film. Der „Trümmerfilm“ war aber generell ziemlich toll und ließ das Pendel noch einmal kurz in eine ganz andere Richtung ausschlagen.
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