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@pinch
Ich glaube ich kam etwas zu negativ rüber, denn ich mag Käutner auch sehr.
Die von dir genannten Filme aus den 50ern kenne ich sogar alle und würde sie ebenfalls als die besten aus dieser Schaffensphase bezeichnen.
Mir ging es aber mehr um Napos Statement davor und wie Käutner dazu passt.
Napoleon Dynamite
War der deutsche Film jemals wieder so schön und frei wie bei Brynychs einzigartigem Lauf an Meisterwerken? Bis auf Thome und Lemke hier, Hoffmann und Käutner da, reicht zumindest nichts mir Bekanntes an diesen „wundersam fröhlichen, tschechischen Herrn“ (D. Graf) heran.
Er erscheint mir momentan eher als Fremdkörper in dieser Aufzählung, denn als wirklich vollkommen frei und von unbekümmerter Schönheit würde ich eigentlich nur die Filme von 1943-1947 bezeichnen. Alles andere steckt doch mal mehr mal weniger in Konventionen, denen Käutner im Gegensatz zu Lemke, Thome und Brynych, von Hoffmann kenne ich noch zu wenig, nicht vollständig entwischen konnte. Am besten sieht man das an „Der Rest ist Schweigen“, weil er sich so schön zweiteilen lässt:
Die erste Hälfte ist sehr groß – diese Ambivalenz und die Verzweiflung als Hardy Krüger ungläubig die Wochenschauaufnahmen mit seinem Vater sieht, alle Szenen mit der derangierten und liebevollen Ingrid Andree. Aber bald holt der ursprüngliche Krimiplot den Film wieder ein und alles muss noch zu einem „sinnvollen“ Ende geführt werden, dabei geht dann diese Ambivalenz und morbide Stimmung leider zunehmend flöten – der Mörder bezahlt für seine Taten und der Film ist zu einem Abschluss gebracht, viele der unterschwelligen Konflikte und Probleme tauchen nicht mehr auf. Wäre Käutner wie Sirk oder Ophüls ins Ausland gegangen, würde er heute vielleicht auch als einer der ganz Großen gelten.
Das ist wie bei einem anderen deutschen Regisseur, den ich sehr liebe – Alfred Vohrer, dem bundesdeutschen Äquivalent zu den Größen des amerikanischen Genrekinos.
Auch hier darf man beim stetigen Kampf gegen die Vorgaben und Konventionen des damaligen Kinos zusehen – manchmal kommt mit mehr Freiheit gänzlich Großartiges („Sieben Tage Frist“!, „Perrak“, „Der Bucklige von Soho“ etc. – an die kommt dann auch keiner von Käutners späteren Filmen ganz ran) aber viel zu oft werden schönste Ansatze doch etwas abgewürgt (besonders bei seinen zahlreichen Simmel-Verfilmungen). Zu einem auch nur annähernd schlechten Film waren aber, soweit ich das beurteilen kann, Käutner wie Vohrer nicht in der Lage.
Und wo wir gerade schon mal dabei sind:
Die neue Veröffentlichung von Käutners „Epilog – Das Geheimnis der Orplid“ reizt mich sehr, kennt den einer von euch?
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We are all failures, at least the best of us are.