Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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Grand Piano – Symphonie der Angst
(Regie: Eugenio Mira – Spanien, 2013)

Fünf Jahre, nachdem er unter dem Druck des Lampenfiebers öffentlichkeitswirksam zusammenbrach, versucht der introvertierte und immer noch ziemlich ängstliche Pianist Tom Selznick ein Comeback auf der großen Konzertbühne. Auf dem Programm steht dasselbe Stück, an dem er damals scheiterte, und seine Frau drückt Daumen im Publikum. Doch als er das Notenheft aufschlägt, liest er eine Drohung. Nur ein Fehler, oder gar ein Abbruch, und er sowie seine Frau werden sterben. Tom zögert, doch die Show muss weitergehen.

Kommt ein Hobbit in die Oper…so oder ähnlich dumm, könnte eine Rezension zu Eugenio Miras leidlich spannendem Thriller „Grand Piano“ beginnen. Hauptdarsteller Elijah Wood wird sich auf absehbare Zeit nicht vom Imageschaden erholen, der ihm durch Peter Jacksons mediokre „Herr der Ringe“-Trilogie verpasst wurde, auch wenn er noch so viele Hooligans und Serienmörder spielt. Dabei ist er als verunsicherter Starpianist gar keine schlechte Wahl, auch wenn er sich innerhalb weniger Szenen des Finales dieses Films von John Cusack an die Wand spielen lässt. Woods Präsenz wirkt dann fast ätherisch.
Und ja, die Schauspieler sind noch das Beste an diesem konventionellen Thriller, denn der Plot ist dünn und löcherig. Die im Mittelpunkt stehende Musik wirkt lieblos erdacht und eingespielt; einlullendes Gedudel, das Höhepunkte vor allem durch Lautstärke unter Einsatz des gesamten Orchesters vortäuscht. Bleiben noch die schön beleuchteten Oberflächen, bunt genug, um als künstlerisch zu gelten, ebenso die Kameratauchfahrten in das titelgebende Piano und das übliche Spiel mit Licht und Schatten.
Man hat schon schöner fotografierte Konzert- und Opernhäuser im Film gesehen. Blutleer inszeniert, wie die wenige Gewalt, die zum Schluss des 86-minütigen Films (der gut 20 Minuten an Vor- und Abspann verschenkt) nochmal schnell auf die Bühne gescheucht wird, will auch nie ein Gefühl der Bedrohung aufkommen. Wenn man dann den Grund für diesen Aufwand erfährt, weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll: Eine ganz und gar abgeschmackte und gewöhnliche Pointe. Nein, kein roter Hering, kein McGuffin, es ist die tatsächliche Pointe! Wer auch immer diesen Film mit den Thrillern Hitchcocks verglichen hat, kann Hitchcock nicht gesehen haben oder muss ihn zumindest ein klein wenig hassen.
Immerhin berichtet uns die letzte Zeile des Abspanns, „Grand Piano“ habe durch Dreh und Vertrieb über 2000 Personen in Lohn und Brot stehen lassen. Die Rechtfertigung für seine Existenz liefert der Film also gleich mit. Das habe ich auch noch nicht erlebt.

Trailer

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