Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II) › Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
Gerade trunken und blöd vor Glück aus dem Kino in den strömenden Regen hinausgewankt – es gab:
Tage der Finsternis (Alexander Sokurow, UdSSR 1988)
Wahnsinn! Ein Fiebertraum von einem Film. Der krönende Abschluss der kleinen Reihe, von der ich längst nicht alles gesehen, vom Gesehenen nicht alles restlos überzeugend fand. Aber dieser Film, verdammt nochmal – sowas habe ich schon lange nicht mehr erlebt! Ein Film, in dem wahrlich tausend Filme, tausend Stories stecken – die Kontingenz des Erzählens, das Arbiträre jeder Auswahl wird einem vor Augen gehalten und dennoch entsteht ein stiller, langsamer Film, der eine Art gallertartigen Sog entwickelt, ganz der flimmernden Hize der zentralasiatischen Wüste, in der er spielt. Gedreht in breitem Format (2.55 : 1 sagt IMDB, wird wohl stimmen) ist der Film auch eine Art apokalyptischer Western aus der Spätzeit der Sowjetunion. Yuri Khanin legt dazu in seinen Originalbeiträgen zum Score eine stimmige, postmoderne Variante eines Morricone-Soundtracks vor – der einigen Szenen seinen Stempel aufdrückt. Handwerklich ist der Film ebenfalls beeindruckend, dass Sokurow später das eine oder andere mit grösserem Budget und in Digital nochmal gemacht hat, heisst eigentlich gar nichts (bloss die Szene mit dem Toten auf der Bahre, die hat er später besser nochmal gemacht).
@latho: sorry, war die letzten Tage fast nie online – was ich noch schreiben wollte ist, dass meine zwei Posts zu Sokurow eine Art Synthese-Versuch waren, gestützt auf diverse Filme. Ich glaube kein einzelner, den ich bisher kenne (die Reihe endet übermorgen, ich habe nur noch „Faust“ da, aber davon verspreche ich mir wenig bzw. nicht mehr als zwei, drei schöne Bilder/Einstellungen, dennoch will ich ihn mal noch anschauen) trägt das alles in sich, aber die Filme fügen sich eben doch recht klar zu einem grösseren Ganzen zusammen. Wenigstens ist das der Eindruck, den ich nach etwas über einem halben Dutzend Filmen und Auschnitten aus wenigstens nochmal so vielen gewonnen habe.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba