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Schwer zu sagen … da mögen schon gewisse anti-intellektuelle Elemente oder Tendenzen im Spiel sein, aber die werden durch die Hermetik, die „Schwierigkeit“ der Filme, durch allerhand Anspielungen und Zitate, Verweise auf das durchaus europäische Bildungswissen (v.a. die Malerei) auch gleich wieder aufgelöst.
Das mit dem Vögeln ist lustig, ich sah nur Ausschnitte aus einer Szene, in der gegessen wird, die fand ich auf eine seltsame Weise ziemlich komisch (nicht gut komisch, sondern einfach nur komisch). In „The Sun“ gibt es die schöne Photo-Szene gegen Ende, in der die amerikanischen Photographen die Ähnlichkeit des Kaisers zu Charlie Chaplin entdecken und ihm – ganz wie sie das heute beim roten Teppich tun – „Charlie! Charlie!“ zurufen … den Lenin-Film fand ich in seiner zugleich elegischen (Elegie, so heissen ja ca. zwei von drei Sokurow-Filmen) und leise komischen Art allerdings sehr amüsant. Nicht lustig, eher zum Schmunzeln als zum Lachen – und dann aber auch so speziell, dass schmunzeln eine eher unpassende Gemütsregung ist, denn zugleich kam ich aus dem Staunen über die Bilder fast nicht mehr heraus (und am Ende musste ich öfter an Noguez‘ durchgeknalltes „Lenin Dada“ denken, das man leider nicht so einfach zu finden scheint, ich würde es zu gerne mal wieder in die Finger kriegen, muss mal einen ernsthaften Anlauf unternehmen).
Aber zurück zum Eigentlichen, will sagen: dem Vögeln. Wie ich oben schon antönte, die – fast ausschliesslich – mit gleichgeschlechtlichen Paaren inszenierten Anspielungen setzten sich zu einem Subtext zusammen, der in manchen Filmen die ganze Zeit mitschwingt (nicht in den beiden Macht-Filmen, die ich gesehen habe, aber in „Vater und Sohn“ und anderen – es gibt auch die klassische Western-Abschiedsszene, in der der Held geht, der Verlassene guckt ihm nach und dazu läuft auf der Tonspur ein Duett aus einer Oper Offenbachs, ein Duett notabene, in dem – huch, wie skandalös! – zwei Damen ein Text in den Mund gelegt wird, der zum Gedanken anregt, die beiden könnten was mitein … herrje, darüber darf man nicht laut sprechen, wie skandalös!). Die pietà-Szenen, die es immer wieder gibt (auch fast ausschliesslich mit gleichgeschlechtlichen Paaren) sind da auch noch erwähnenswert … eigentlich wäre Sokurow der richtige, um eine grelle Satire über Hitlers Homosexualität zu drehen, aber er darf das ja nicht (und grell ginge natürlich auch nicht – doch wer weiss, wenn er nicht mehr zwischen den Zeilen reden müsste vielleicht ja doch). Das stelle ich mir jedenfalls sehr komisch vor (und diesmal gut komisch – oder vielleicht auch nicht). Hitler brauchte so gesehen jedenfalls gewiss nicht Eva sondern eher ein paar stämmige Burschen …
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