Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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lathoThe Sun und Taurus liegen hier bereit, aber ich habe von Sokurow bis jetzt nur Moloch gesehen – der war mir ein bisschen zu „russisch“, aber natürlich gut.

„Moloch“ kann hier leider nicht gezeigt werden (weiss nicht, ob bloss aus Zeitgründen oder weshalb sonst), aber die Ausschnitte, die ich sah, fand ich auch nicht so toll (es gibt jeweils Mittwochs einen 90-100minütigen Vortrag über Sokurow, den ersten Abend hatte ich noch prüfungshalber verpasst, diese Woche folgt der fünfte und letzte). Ich glaube nicht, dass ich mir die Filme daheim überhaupt anschauen kann, ich wurde jedenfalls beim Ermitage-Film unendlich ungeduldig, „Faust“ hab ich derzeit im Zwischenspeicher, scheint auch eine arge Geduldprobe zu sein (aber mit phantastischen Bildern und Ideen). Der Eindruck von Sokurow ist bisher ziemlich zwiespältig. Klar, der kann was – er will auch was. Und daraus ergeben sich manchmal Konflikte, weil das Können (oder eher: das Vermögen) nicht reicht, die Absicht gelungen umzusetzen. Manches ist sehr billig und dennoch äusserst effektvoll, aber anderes ist dann wohl teuer (zum Drehen) und für die Katz. Ich würde gerne mehr sehen, als die aktuelle Reihe bietet (darüberhinaus kenne ich neben „Russian Ark“ nur noch „Moscow Elegy“, den müsste ich auf dieser Tarkowskij-Dok-Ausgabe von Artificial Eye auch noch da haben, glaube ich – ja genau, hier). Russisch ist das sehr, natürlich – was immer „Russisch“ am Ende ist … aber es ist zwischen den Zeilen doch viel mehr (die ganze Homoerotik z.B. ist ziemlich unrussisch, Sokurow scheint ja äusserst ungehalten auf Fragen zu reagieren, die ihn darauf ansprechen, bricht Interviews ab, ist ja schliesslich stolzer Russe und die Verbreitung von homoerotischen Inhalten ist ja soweit ich weiss im orthodoxen Putinreich wieder gesetzlich verboten). Jedenfalls sind die Filme eigentlich immer von Ambivalenzen auf verschiedenen Ebenen durchzogen – vom Inhaltlichen über das Formale bis hin zu Möglichkeiten der Deutung. Und das „Russische“ liegt natürlich auch in der Nachfolge Tarkowskijs, in der man Sokurow sicherlich verorten sollte. Die Bilder sind anders, der Blick ist einer, der uns in manchem wohl so fremd ist wie jener im japanischen Kino – aber nach den paar Filmen der letzten Woche ein durchaus lohnenswertes Unterfangen, finde ich!

In einer Woche beginnt dann bis Ende Jahr das nächste Programm – mit italienischen Klassikern (aus dem Hause Titanus) und einer Reihe mit Filmen aus der CSSR. Da will ich am liebsten jeden einzelnen sehen, aber das wird natürlich nicht gehen. Bis dahin aber noch wenigstens einen mehr von Sokurow, „Tage der Finsternis“ (im Anschluss an die letzte der erwähnten Vorlesungen).

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