Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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blitzkrieg-bettina

Registriert seit: 27.01.2009

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Ich könnte jetzt schreiben wie sehr mir Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ mit seinen auf prätentiöse Art kargen Dialogen und seiner konstruierten Story auf den Zeiger ging- zumal ich Akin eigentlich für andere Filme schätze. Hier wäre auch der Platz darzulegen dass mich die straighte Hollywood-Erzählweise von Gus van Sants „Milk“ und Jason Reitmans „Juno“ um einiges mehr überzeugte und vor allem um einiges leichter/unverkrampfter wirkte. Und man könnte darüber philosophieren ob es bei Johm Boormans „Point Blank“ wirklich nur um eine unglaublich schnörkellose Gangstergeschichte samt dazugehörigem Sixties-Lokalkolorit (die Architektur, die Musik) oder ob noch mehr dahinter steckt – oder warum legt der von Lee Marvin verkörperte Walker nur wegen etwas Geld alles um was sich ihm in den Weg stellt?

Kurz – ich könnte über sämtliche Filme reflektieren welche ich kürzlich gesehen habe. Dass ich die eisten nur kurz anreisse hat damit zu tun dass ich heute morgen endlich den Film gesehen habe von dem vor einiger Zeit das gesamte Forum sprach: Harmony Korines „SPRING BREAKERS“.
Was soll ich sagen. Kenne Korines andere Werke wie „Gummo“ oder dieses Mülltonnending nicht, bin aber schon durchs Œuvre von Larry Clark etwas vorbereitet. Zuerst sah es so aus als wäre „Spring Breakers“ eher so etwas wie ein filmisches Gemälde, ohne direkte Handlung, ohne wirkliche Konflikte und ohne Individualisierung. (Ein Konflikt entsteht natürlich dadurch dass die Mädels den Spring Break als Kontrastpunkt zum grauen Alltagsleben sehen, aber es entstehen keine Konflikte innerhalb der Gruppe wie sie in Teenie-Highschool-Filme üblich sind, erst später wird die von Selena Gomez gespielte Faith als Persönlichkeit etwas greifbarer. Ausserdem besteht die Gruppe nicht aus Aussenseiterinnen, sondern aus etwas was ich als „All-American-Girls“ bezeichnen würde) Alles sieht aus wie eine Feier der Oberflächlichkeit, welche ausdrücklich nicht unbedingt kritisch zu sehen ist. Also eine Art filmgewordene Pop-Art. Doch irgendwann bekommt der Film wirkliche Fahrt, durch die Gerichtsverhandlung, spätestens durch James Franco. Was soll uns dieser Alien nun sagen? Ist er eine Parodie oder eine Erhöhung/Stilisierung des typischen Hollywood-Schurken/Gangsters? Eine kritische Betrachtung von Männlichkeit und American Way of Life? Bin mir nicht ganz sicher ob es dem Film gut tut, dass er irgendwann doch noch so etwas wie eine Handlung bekommt, oder eher nicht. Die Feier des Pop wird ja weitergeführt u.a. durch das Singen des Britney-Spears-Songs, der Score wird allerdings bedrohlicher, düsterer und in meinen Augen auch besser. Wird der American Dream zum Schluss doch noch zum American Nightmare?

Kurz: Weiss nicht ganz was mir dieser Film sagen soll, aber unglaublich faszinierend und rätselhaft in vielerlei Hinsicht.

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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.