Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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napoleon-dynamite
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Witek DlugoszWas genau mochtest du nicht, Napo?

Um das mal noch etwas konkreter am Plot und Stil von „Blue Jasmine“ festzumachen: Blanchetts Figur ist keine plastisch konzipierte (oder gerne auch, weil Drehbücher gar nicht so wichtig sein müssen, einfach nur: gespielte) Person, sondern eben lediglich ein Plotprinzip – reiche Ex-Gattin fällt auf die Nase und will wieder reich heiraten. Und so wird diese Jasmine schauspielerisch ja von der ersten bis zur letzten Minute auch gegeben, mit einem unveränderlich steinkalten, illusorischen Blick. Altes Theaterdramen-Prinzip, als müsste man heute noch jemandem Arthur Miller oder Tennesse Williams in verwässerter Form präsentieren. Du nennst das, zugegeben mit einem gewissen Recht, unbarmherzig, ich bezeichne es eher als unehrlich. Weil es diese stereotypischen Schemen, die früher für etwas standen, was man erstmal mit der Kunst aus vollem Recht angreifen musste, heute in Filmen, im Theater, in der Literatur einfach nicht mehr gibt und Allen lediglich ein bewährtes Prinzip für Preisnominierungen und Kritikerlob aufwärmt. Und weil er es, meiner Meinung nach, teilweise auch etwas arg kaltherzig macht: Wer möchte denn schon die Beziehung von Jasmines Schwester scheitern sehen, indem sich Louis C.K. durch einen blöden Plottwist als bereits verheiratet herausstellt? Was Kunstfiguren betrifft, bin ich immer der Meinung, dass man ihnen in punkto Mitgefühl auch etwas schuldig ist, sie nicht bloss Mittel sein dürfen, um den Zuschauer zu überraschen. Vermutlich mag ich auch deswegen so sehr Filme, die keine allzu großen Dramen erzählen.

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A Kiss in the Dreamhouse