Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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gypsy-tail-wind
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IrrlichtWollt schon sagen. Ich finde, dass „The tree of life“ sogar vollständig unabhängig von Religion und „ungenießbarem Christentum“ funktioniert. Es gibt nur die Bedingung: Man muss etwas für Sinnlichkeit, besser Übersinnlichkeit übrig haben. Für Gefühle, die sich schwer fassen lassen und für Dinge, die man nicht aussprechen kann. Für mich ist „The tree of life“ ein Film, bei dem man Wertmaßstäbe und Kritikrubriken ausblenden muss, da man damit das Wesentlichste einfach abbricht. Wenn man dieses Werk angeht, als würde man einen Krimi anschauen und alles auf Handlung, Spannung, Effekte und Dramaturgie abklopfen, kann das nur in völliger Verständnislosigkeit ausarten. Ansonsten kommt man aber vielleicht doch dahinter, dass das eines der hingebungsvollsten Stücke ist, die sich mit Existenz, Schöpfung und Leben an sich auseinandersetzen. Unglaublich eindringlich.

Und nein, da mag ich widersprechen – einerseits war mir Manches zu sehr auf die Nase gedrückt, gerade im viel zu langen und viel zu billigen Anfang des Filmes, andererseits finde ich die Unterstellung mit der „Sinnlichkeit“ etwas frech (aber zugegeben, für „Übersinnliches“ habe ich wenig Sinn, schon das Wort finde ich hässlich, es gibt andere Wörter wie „Spirituelles“, bei denen sich bei mir wesentlich weniger Abwehrreflexe melden).

Allerdings wirst Du, falls Du meine Filmposts über die Jahre etwas verfolgt hast, wissen, dass ich an „Handlung, Spannung, Effekten und Dramaturgie“ meist ein sehr geringes Interesse habe sondern viel mehr mich von den Bildern tragen, ziehen, blenden lasse – aber im „Tree of Life“ war mir vieles wirklich zu aufdringlich, in den Sog der Bilder fand ich erst oder vor allem in der Familiengeschichte der Fünfziger. Hätte es eine Fassung des Filmes nur mit ihr gegeben (ohne Schöpfungstheater, ohne Sean Penn beim Gehen), wäre ich mit ziemlicher Sicherheit sehr begeistert (und verstört) gewesen – sowohl inhaltlich/analytisch beim anschliessenden Nachdenken wie auch unmittelbar, was die Bildsprache betrifft.

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