Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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napoleon-dynamite
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IrrlichtIch mag Roche als Moderatorin eigentlich ziemlich gerne und fand auch „Feuchtgebiete“ bei weitem nicht so mies, wie es oftmals dargestellt wird. Leider hat es sich eingeschult, dieses Buch entweder für unsäglich furchtbar zu halten oder zu behandeln, wie ein hochpolitisches, ergreifendes, weltbewegendes Manifest. Ist für mich beides nicht so.

Ja, ich mag sie als Moderatorin auch gerne. Deswegen bin ich bis auf weiteres auch im Zweifel für den Angeklagten.

IrrlichtZum einen ist da Roches Hang zur Überstilisierung.

Das Problem des Filmes war in erster Linie, dass er durchaus (im staatlich vorgeprüften FSK-16-Rahmen natürlich) pornographisch sein wollte, das aber nur auf so gackerige Fernsehweise hinbekam – also aufgedreht, komplett fahrig und mit permanentem Kicherzwang. Wenn es was zu lachen geben sollte, wurde nach deutscher Lachmanier inszeniert, für Empathie und Rührung setzte es handelsübliche Problemthemen, nur mit den Sexszenen waren alle, wie stets im deutschen Film, komplett überfordert: Gleichzeitig bemüht offen sein wollen und dann doch mit der Kamera nervös hin- und wegdrehen. Mal davon abgesehen, dass deutsche Schauspieler, warum auch immer, der unkörperlichste und vernuscheltste Menschenschlag überhaupt sind. Der einzige Lichtblick war auch folglich Carla Juri.

IrrlichtSo überwiegt die Freude am Ekligsein und man lacht vor Freude auf, wenn es dabei bleibt, dass man sich nur die Avocado-Kerne einführt.

Ach, ein Avocado-Kern war das also. Das habe ich mich den ganzen Abend noch gefragt…

Ansonsten glaube ich nicht, dass „Feuchtgebiete“ aus einer spezifisch weiblichen Perspektive erzählt wird (was sollte das auch so übergreifend schon sein), sicherlich aber einfach eine persönliche Fantasie. Das finde ich an Kunstwerken immer am interessantesten, man muss nur eben wissen, wie man sie literarisch oder filmisch umsetzt, ohne dass es wie ein bereits selbst vorweggenommener Witz wirkt.

Irrlicht[…] man spürt viel zu oft, dass da eine Autorin versucht sich in die Psyche einer schwer kranken Jugendlichen einzudenken.

SPOILER: Ich hoffe für das Buch wirklich sehr, dass Roche nicht auch allen Ernstes Inzest als Erklärung für Sex als Verdrängungskomplex benutzt. Das ist nun wirklich die lustfeindlich reaktionärste Scheiße, die man so einer Geschichte unterschieben kann.

Dieter Nuhr ist natürlich die Hölle! Ob nun auf der Bühne, zwischen Buchdeckeln, beim Bäcker in der Schlange oder bei der gemeinsamen Fahrradtour.

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