Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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H
(Regie: Lee Jong-hyeok – Südkorea, 2002)

Ein Jahr nachdem die südkoreanische Polizei den brutalen Frauenmörder Shin Hyun verhaften konnte und dieser in der Todeszelle auf seine Hinrichtung wartet, beginnt eine weitere Mordserie das Land in Atem zu halten. Irgendjemand scheint die grauenhaften Morde Shin Hyuns zu kopieren und hat schon zwei Frauen auf dem Gewissen. Die Polizei steht vor einem Rätsel und überträgt den Fall der Polizistin Kim, die seinerzeit schon an den Ermittlungen gegen Shin Hyun beteiligt war. Gemeinsam mit ihren neuen Partnern Kang und Park versucht sie den Mörder aufzuspüren und nimmt auch Shin Hyun erneut ins Visier ihrer Ermittlungen, um zu klären ob er dem Täter lediglich als Vorbild dient oder selbst der Drahtzieher der Serienmorde ist…

Eigentlich ist es eine Frechheit, wie dreist und freimütig sich „H“ bei Versatzstücken bekannter und beliebter Serienkillerfilme wie „Das Schweigen der Lämmer“, „Sieben“ und „Copykill“ bedient, ohne daraus zumindest gute Unterhaltung zu basteln. Wie der ständig präsente Regen plätschert der Film vor sich hin, simuliert ab und zu große Emotionen, bleibt aber immer unaufgeregt und fad. Selbst die kleinen Eigenheiten, die man in vielen asiatischen Filmen findet und die für ein durchschnittliches europäisches oder US-amerikanisches Publikum befremdend wirken und deshalb das Interesse verstärken, fehlen hier vollständig. „H“ besitzt keine eigene Identität und mutet wie mit der Schablone auf den internationalen Markt zugeschnitten an, wären da nicht die übel zugerichteten Frauen- und Babyleichen, die eine Prime Time-Ausstrahlung des Thrillers unmöglich machen.
Der kundige Genrefreund kann sich bald ausmalen, wer denn bitteschön der Täter sein könnte; auf die völlig an den Haaren herbeigezogene Erklärung der Vorfälle, wird er aber im Leben nicht kommen. Anstatt eines weiteren Plottwists von ganz, ganz weit draußen, hätte man sich besser um die Figurenzeichnung und die Dialoge des Drehbuchs gekümmert, denn der inhaftierte Hannibal Lector-Verschnitt darf eine Sülze von sich geben, die keinem Politikerpastorfußballer-Mischwesen je entfleuchen würde. Auch der Schauspieler, der Shin Hyun darstellt, wurde falsch gewählt: Die Ausstrahlung eines Milchbubis steht vielleicht Norman Bates, nicht aber einem sich mysteriös gerierenden Frauenmörder.
So solide „H“ gedreht ist, hat er im Vergleich mit seinen offensichtlichen Vorbildern kein wirkliches Existenzrecht, gehen ihm doch eigene Ideen oder gar künstlerischer Ausdruck völlig ab. Der Unterhaltungswert ist ebenfalls bestens durchschnittlich, auch bedingt durch die Laufzeit von ca. 110 Minuten, die man größtenteils mit Tatortbesichtigungen verbringt. Eine Straffung hätte hier gut getan.
Ich sehe für „H“ eigentlich kein Publikum, wenn man mal von der Sorte absieht, die noch den hanebüchensten „Mindfuck“ abfeiert. Every moment a dull moment.

Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=WCgK6ZZeU-w

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