Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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Nobel Son
(Regie: Randall Miller – USA, 2007)

Eli Michaelson ist ein Wissenschaftler, dem in Schweden der Nobelpreis für seine Leistungen im Fach der Chemie verliehen werden soll. Doch am Tag vor der Abreise wird sein Sohn Barkley, ein Philosophie-Student, der an einer Abschlussarbeit über Kannibalismus arbeitet, entführt. Die Entführer verlangen zwei Millionen Dollar Lösegeld die exakte Summe, die das Nobelpreisgeld umfasst. Doch Eli ist nicht gewillt, dieses Geld zu bezahlen, glaubt er doch an einen schlechten Scherz seines Sohnes. Die Entführer beschließen, den Druck zu erhöhen, indem sie Eli einen Daumen seines Sohnes schicken. Was folgt, ist ein Intrigenspiel, das Lust, Verrat, Gier und Mord beinhaltet und an dessen Ende es keine Gewinner geben kann.

Regisseur Randall Miller, der zusammen mit seiner Frau das Drehbuch zu „Nobel Son“ schrieb, führt zu Beginn fast im Sekundentakt Personen ein, die mit einem kurzen Satz charakterisiert werden und dann wenige Augenblicke Zeit haben einen ersten Eindruck zu hinterlassen. Er setzt ein hohes Tempo fest und lässt dem Zuschauer wenig Muße die Ereignisse reflektieren zu können. Das ist vielleicht auch gar nicht angedacht, denn das Drehbuch feuert einen Plottwist nach dem anderen ab und auch Inszenierung und Bilder schreien „Ich bin jung, hip und cool.“
Leider geht das schon nach einer Viertelstunde auf die Nerven, auch wenn der Rest von „Nobel Son“ zu gefallen weiß. Alan Rickman liefert eine hervorragende Leistung als Ekel Eli ab (ein wunderbar egomanischer Bastard, der die Lacher auf seiner Seite hat), Bill Pullman gestaltet seine Figur ohne größere Fehler und Danny DeVito überzeugt in seiner kleinen, schrulligen Nebenrolle als „geheilter“ Zwangsneurotiker. Die jüngere Garde (etwa Eliza Dushku) spielt solide und erlaubt sich zumindest keine größeren Schnitzer, wirklich Memorables bleibt aus.
Mit weiterem Verlauf von „Nobel Son“ merkt man für wie unglaublich clever und lässig sich die Drehbuchautoren halten, in so gut wie jeder Szene präsentiert man Handlungen (gerne auch in Rückblenden), die der Geschichte eine neue Richtung geben.
Dazu kommt die ekelhaft-uninspirierte Technosoße, die Paul Oakenfold über „Nobel Son“ auskippt. Sie verstärkt den Eindruck eines midlife-crisis-geplagten Mittvierzigers, der zwanghaft Sonnenbrillen bei Nacht trägt, soll heißen: Oakenfolds ödes Gebräu verschlimmbessert die pseudo-coole Art des Films. Kann diesem Knilch dafür bitte jemand eine Ohrfeige geben? Danke.
Mit seinem unbedingten Willen zu Crime und gefaketer Hipness/Aktualität stellt sich „Nobel Son“ selbst ein Bein. Das Setting hätte durchaus einen Film wie „American Beauty“ ermöglicht, auch die Charaktere wären in der Lage gewesen diesen Anspruch zu erfüllen. Stattdessen setzt Randall Miller lieber auf Autoverfolgungsjagden durch Einkaufszentren. Autsch.
„Nobel Son“ ist solide und durchaus amüsante Unterhaltung mit einem gut aufgelegten Alan Rickman, die lange nicht so clever und cool ist, wie sie sich selbst vorkommt.

Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=RVM-97PRZvw

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