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Maniacts
(Regie: C.W. Cressler – USA, 2001)
In einer Klapsmühle für irre Kriminelle finden die beiden geisteskranken Serienmörder Joe und Beth zueinander, und trotz der eher ungewöhnlichen Umstände entwickelt sich zwischen den beiden Psychopathen ein überaus inniges Liebesverhältnis. Als sich eines Tages die Gelegenheit zur Flucht ergibt, zögern die beiden Turteltauben nicht lange und hinterlassen obendrein bei ihrem Abschied eine gnadenlose Blutspur. Wieder in der Gesellschaft angekommen, finden sie zunächst Unterschlupf bei einem Farmer, der jedoch ziemlich zeitnah der Obsession der beiden Gäste zum Opfer fällt. Kurz darauf kündigt sich ein Besuch der Mutter von Beth an, die keine Geringere als die Königin von England ist…
Zwar etwas unglücklich als Slasher-Komödie beworben, verspricht der Klappentext einen wenn nicht schon schrulligen, dann schön bekloppten Film, der mit Versatzstücken aus Weltbekanntem wie „Einer flog übers Kuckucksnest“ und „Natural Born Killers“ hantiert und auch seinen Hut vor einem der großartigsten Werke der Filmgeschichte zieht: „Maniac“ von William Lustig und dessen Hauptdarsteller Joe Spinell, den man hier im Namen der Hauptfigur Joe Spinelli, sowie im Abspann, verewigte.
Der Einstieg ist dann auch nach Maß, man bekommt eine düstere Serienkilleratmosphäre, die nach wenigen Minuten aber zu überkandideltem Klamauk zerfällt, sobald Joe sich in der Anstalt „for the criminally insane“ wiederfindet. Ein paar der Einfälle sind grotesk und gelungen (die Schweppesblutfontäne, Christus am Kreuz), der Großteil der Gags verpufft aber und scheitert vor allem an der allzu übertriebenen Darstellung der Nervenheilanstalt. Bis auf Beth sind sämtliche Mitinsassen und Aufseher mies kopierte Charakterabziehbildchen der fünften Generation.
Regisseur C.W. Cressler, dessen einziger Film „Maniacts“ bis zum heutigen Zeitpunkt bleiben sollte, könnte seine Storyfragmente nicht plausibel verbinden, wenn sein Leben davon abhinge, deshalb baumeln hier viele Enden lose in der Gegend herum und werden mal mehr, mal weniger launisch durch Zufälle verknotet. Die desinteressierte Arbeit eines Grobmotorikers.
Da versetzt es den Zuschauer in Erstaunen, dass bei diesem Ausmaß an Schludrigkeit „Maniacts“ zeitweise wirklich Spaß macht – und das nicht nur durch die okayen Splattereffekte oder ein paar halbwegs gelungene One-Liner; Cressler trifft ab und zu das richtige Tempo, macht auch ein paar schöne Aufnahmen und lässt dem Film immer genug Skurriles, um das Videothekenpublikum (einen Kinorelease kann ich mir nicht vorstellen) bei der Stange zu halten.
Trotzdem wirken die drei großen Blöcke des Films wie Ideen oder rohe Skizzen für eigenständige Kurzfilme, die man mit Biegen und Brechen zu einem anderthalbstündigen Featurefilm verbinden musste.
Mir gefiel das mittlere Segment auf der Farm des seherisch begabten, alten Mannes am besten, wohingegen ich auf das melodramatische Ende gerne hätte verzichten können. Die klitzekleinen Hinweise und Dialoge zum Zustand Amerikas, im Film auch vorhanden durch die nie ausgesprochene gewalttätige Loslösung von Großbritannien, bewirken noch lange keinen Tiefgang, sie sind eher ein nettes Gimmick für den aufmerksamen Zuschauer.
„Maniacts“ verschenkt in knapp 90 Minuten viel Potenzial, bewahrt aber genügend Schießpulver in der Hinterhand, um ohne schlimm zu straucheln ins Ziel einzulaufen. Mehr als nett, weniger als wirklich gut.
Trailer: http://www.videodetective.com/movies/maniacts/735091
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