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Anonym
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The Horseman
(Regie: Steven Kastrissios – Australien, 2008)
Christian (Peter Marshall) ist Vater einer jugendlichen Tochter. Diese wird eines Tages tot aufgefunden, was Christian völlig aus der Bahn wirft. Als er ein Video erhält, indem er sieht, wie seine Tochter unter Drogen gesetzt, misshandelt und vergewaltigt wird, macht er sich auf die Suche nach den Urhebern des Videos und zieht eine gewaltige Blutspur hinter sich her.
Hin und wieder hört man, dass Gewalt in den Medien keinen Platz haben sollte. Weder im Film, noch im Fernsehen, noch in Musik, Literatur, Theater oder bildender Kunst. Wo soll Gewalt denn sonst stattfinden? Zuhause? Am Arbeitsplatz? Im Fußballstadion? Die verarbeitete und sublimierte Form ist weit weniger hässlich als die ursprüngliche des Alltags. Soll heißen: Ich habe nichts gegen Gewalt im Film, sogar wenn sie selbstzweckhaft und exploitativ daherkommt.
Ein Problem habe ich dagegen mit verlogener Moral und Heuchelei. Würde der Protagonist in „The Horseman“ einfach aus Lust an der Gewalt töten, wäre dies weniger ätzend, als dieser Rache-Humbug, der darauf beruht, dass sein „reines“ Töchterlein mit Drogen in Berührung kommt, in diesem Zustand für einen Pornofilm ausgenutzt wird und schließlich an einer Überdosis stirbt, weil die Produzenten und Schauspieler des Films zu feige sind, sich um sie zu kümmern.
Vater Christian sucht die Beteiligten nun sukzessive auf, um sie zu verprügeln, zu bedrohen, zu foltern und zu töten. Zum Schluss stehen dem eher unfreiwilligen Tod seiner Tochter (die man in Rückblenden nur als kleines, glückliches, strahlendes Mädchen sieht…) eine Lynchleistung von etwa zehn Männern gegenüber, zumeist brutal erschlagen. Damit der widerlichen Moral noch nicht genug: Christian errettet auch noch ein schwangeres Mädchen aus den Fängen dieser Männer, das mit ihm eine „Leidenschaft“ teilt: Das Ritzen, um mit dem Schmerz besser umzugehen. Himmel hilf! Was für ein ausgemachter Quark!
Ich will natürlich nicht unterschlagen, dass „The Horseman“ ein handwerklich gut gemachter, auch atmosphärischer und spannender Rachethriller ist und in der Gewaltdarstellung nicht gerade zimperlich. Ein paar schöne Einfälle hält er auch parat, etwa wenn der Vater angeekelt die Asche seiner Tochter in den Mülleimer kippt, nur um den Abfall kurz darauf auf den Küchenboden zu entleeren und die Asche (gesäubert von Müllstückchen) wieder in die Urne zu füllen.
Das Selbstjustizmotiv, das hier mal wieder mit einem hysterischen „Kinderschänder“-Fall unterfüttert wird, wirkt auf mich jedoch absolut abstoßend. Volker Pispers bemerkte dazu: „Wenn man weiß, wer der Feind ist, dann hat der Tach Struktur!“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=CIp7Mh8cPpA
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