Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II) › Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
Immer noch SKYFALL-SPOILER:
Skraggy
Klar, erklären wir uns den absurden, von elend vielen Zufällen anhängigen Plan doch dadurch, dass wir noch ein paar weitere Variablen einführen.
Was ist so unvorstellbar daran, dass Teile des Sicherheitspersonals womöglich auf Silvas Gehaltsliste stehen? M’s persönlicher Bodyguard war doch insgeheim auch ein Quantum-Operative. Silva war selber Teil des Systems, kennt das Umfeld. Vielleicht genießt er ja auch die Unterstützung von chinesischen Hackern? Dass Silva sich seine neue Existenz mithilfe der (ex?-feindlichen) Chinesen aufgebaut hat, ist ja durchaus möglich, schließlich wird deren Geheimdienst wohl kaum entgangen sein, dass er (ehemaliger? Staatsfeind No. 1) in deren Hoheitsgebiet eine Insel kontrolliert!
Skraggy
Darauf gibt der Film keine angedeuteten Hinweise, geschweige denn versteckte. Sprich: Der/die Drehbuchautoren haben sich einen Scheiß drum gekümmert und sind davon ausgegangen, dass der Zuschauer es einfach schluckt. Wobei das voraussetzt, dass sie wussten, was für einen Murks sie da fabrizieren.
Naja, siehe oben, Interpretationsspielraum lässt die Personalie Silva sicher zu. Dass Silva ein cleverer Bursche ist, der in der Regel bekommt was er will, wird ja auch früh deutlich gemacht. Er arbeitet mit Tricks, die scheinbar niemand durchschauen kann und das ist am Ende auch der Grund für Bond den Kampf auf sprichwörtlich offenem Gelände zu suchen. Dass die genauen Hintergründe seiner Person nicht ausformuliert werden, stärkt letztlich nur die Gefahr, die der Mann mit sich bringt. Man muss ihm mit anderen Mitteln beikommen.
Skraggy
M öffentlich demontieren? Von mir aus. Dann hätte er sie DANACH trotzdem noch in ihrer Wohung um die Ecke bringen können. Den ganzen Part mit seiner Ergreifung hätte es für die öffentliche Demütigung und ihre anschließende Liquidierung nicht gebraucht. Mit der Veröffentlichung der Liste hätte er sie zu Fall bringen und anschließend in ihrer Wohung seine Rache-Freak-Show abziiehen können, während sie auf nem Stuhl gefesselt in der Küche hockt. Inklusive Ätz-Fresse zur Schau stellen und dabei debil „Mama“ nölen.
Das ist ein Mann, der seiner Ersatzmutter alles untergeordnet hat und sich außer Stande zeigt, sie einfach so umzubringen. Wenn nicht eine Rückkehr in den Schoß der Frau, der er alles gegeben hat, dann will er zumindest ein Eingeständnis ihrer Schuld, irgendeine Form der Anerkennung ihrerseits erfahren. Eine gänzlich private Konfrontation mit M steht gar nicht zur Debatte, Silva ist ein theatralisch veranlagter Kerl (siehe Insel, die Ankunft im Heli etc.)
Skraggy
Selbst wenn dem so wäre, bleibt der Fakt, dass Bond so dämlich ist, mit einer Rentnerin ohne jegliche weitere Unterstützung dort hin zu fahren und darauf zu hoffen, dass die alten Flinten seines Daddies noch im Häuschen schlummern. Wer hätte die ganzen Knarren denn abfeuern sollen, wenn laut seiner Vorab-Kenntnis nur er und M vor Ort sein würden? Zwei Personen mit alten Flinten gegen Silva und seine Mannen? Also bitte…
Klar kann Bond die ganze schottische Polizei an sein Anwesen kommandieren, allerdings wäre das allein aus dramaturgischen Gründen wohl furchtbar langweilig und auch nicht gerade der persönlichen Story dienlich. Außerdem ist das MI6 ist zu diesem Zeitpunkt kompromittiert, Silva hat gezeigt wie tief er ins System eindringen kann (und es ist nicht abzusehen, wie weit sein Einfluss reicht) und M dient Bond letztendlich als Lockmittel, um Silva zur Strecke zu bringen. Dieser ist seiner eigentlichen Stärke, dem Überraschungsmoment, der jetzt bei Bond liegt, beraubt und erlaubt es Bond in der Folge, einen Pyrrhus-Sieg davonzutragen.
Skraggy
Ja ja, die Idee eines basischen Showdowns passt ja. Das ändert aber nichts daran, dass er sackdämlich in die Story geschrieben wurde und bezüglich seiner Umsetzung eher an selige A-Team-Zeiten erinnert.
A-Team? Dann gäbe es aber keine Toten.
Skraggy
Alles nicht, aber das Rudimentäre kann man schon erwarten. Muss denn wirklich immer die Vorstellungskraft bemüht werden, wenn es darum geht, über eklatante Schwächen im Story-Konstrukt und in den Handlungen der Charaktere zu diskutieren? Wenn David Lynch irgendwann man nen Bond-Film inszeniert, lasse ich mir so was vielleicht noch gefallen, aber nicht so.
Eklatante Schwächen im Story-Konstrukt kann ich nicht erkennen. Klar mag der Plan in seiner dargestellten Form in hohem Maße unrealistisch sein, aber das sind das unbemerkte Bauen einer Raumstation und zahllose andere Unternehmungen der sonstigen Gegenspieler auch. In seiner Komplexität und Detailliertheit wird der Plan allerdings bloß seinem Urheber gerecht. Schließlich heckt Silva sein Meisterstück seit Jahren aus, es gibt eben einen Grund warum er sich so lange Zeit lässt.
Vielleicht sollte man sich auch nicht so auf die Feinheiten seiner Pläne versteifen, sondern ihn als das wahrnehmen, was er ist. Ein Mann, der dem Tod nahe war und sich eine neue, kriminelle Identität geschaffen hat, mit einem ganz bestimmten Ziel. Wie er zu seinem Reichtum gekommen ist, können wir ja auch nur erahnen, und für das Funktionieren der Storyline des Films ist die Frage genauso wenig entscheidend wie das genaue Nachvollziehen seines Ausbruchplans.
--