Re: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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nail75

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Bodacious Cowboy@nail75: Soweit ich weiß, wollte Malick ursprünglich über Heidegger promovieren.

Ok, danke für den Hinweis. :-)

O’@nail75: Schön, dass du Tree Of Life immerhin ein paar „gelungene Szenen“ bescheinigst, bevor du ihn mit deinem Oberstufen-Religionswissen aushebelst. Für einen kurzen Moment dachte ich nämlich, Tree Of Life sei ein audio-visuell brillant inszeniertes Meisterstück, dass in träumerischen Sequenzen das langsame Absterben einer unschuldigen Kindheit porträtiert, der gerade in seinen diesseitigen, alltäglichsten Momenten am stärksten ist, der vorrangig nicht irgendwelchen religiösen Zusammenhänge erklären will, sondern auffordert, das Leben zu genießen und zu lieben. Aber nein, es macht hier vielmehr Sinn, mit aller Vehemenz die „religiös-esoterischen“ Seiten zu zerpflügen, denn „geschmackloses“ „kosmisches Hintergrundrauschen“ das sollte jedem klar, sein, hinterlässt heutzutage Mindestens einen „faden Beigeschmack“. Es kann ja nicht angehen, dass für manche Menschen die Entstehung der Erde immer noch mehr ist als ein wissenschaftlich erklärbarer Urknall, oder das in Momenten der tiefsten Trauer ein Hinwendung zu Gott geschehen kann.Mehr will der Film in der Richtung doch nicht darstellen. Wer ist in Momenten tiefen Schmerzes schon rational? Wer kann beim Anblick der Schönheit der Erde nicht an etwas Übernatürliches glauben? Es geht doch hier nicht um irgendwelche Rechtfertigungsversuche Malicks, wie Gott Leid zulassen kann. Ganz im Gegenteil: das Thema Theodizee ist im Film nämlich nach genau 5 Sekunden abgehandelt. In Schriftform ganz am Anfang des Filmes.

tina toledoNatürlich kann und darf das angehen. Aber es muss doch in Deutschland im Jahre 2011 ebenso zu akzeptieren sein, dass Menschen sich von sakralem Kitsch unangenehm berührt fühlen, ohne dass man das gleich persönlich nimmt und „peinlicher Beitrag“ oder Ähnliches schreiben muss, oder?

Ich schließe mich tinas Aussage an. Bei einem so anspruchsvollen und komplexen Film sind mit Sicherheit verschiedene Ansichten vertretbar. Außerdem finde ich es unredlich, dass Du einen Teil eines Beitrags in Anführungszeichen setzt und damit so tust, als würdest Du mich zitieren, obwohl das nicht der Fall ist.

Aus meiner Sicht ist Deine Interpretation des Films unhaltbar. Die Familie ist vor der Tragödie bereits religiös – klar, Amerika in den 1950ern, das ist ja nicht überraschend. Die Hinwendung zu Gott nach dem Tod ist im Film kaum/nicht erkennbar, stattdessen wird wiederholt die Frage aufgegriffen, wie Gott das zulassen konnte. Und das ist das klassische Theodizeeproblem. Dass das Leid am Ende aufgelöst wird, indem alle im Himmel wiedervereinigt werden, missfällt mir. Das ist mir zu kitschig und zu billig.

Das Portrait der Familie und das „Absterben der unschuldigen Kindheit“ ist schon irgendwie gut dargestellt, aber mir zu maniriert und dadurch letztlich unglaubwürdig. Ich hatte – gerade in den Dialogen zwischen Mutter und Sohn – nie den Eindruck, dass da ein Kind spricht. Das mag gewollt sein, aber mich störte das. Die Szenen der Kinder untereinander gefielen mir besser, aber insgesamt waren sie mir schlichtweg zu lang und dadurch ermüdend.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.