Re: Song des Tages Vol. II

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go1
Gang of One

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Carrot FlowerDein Wunsch sei mir ein Anschubser :-)

Du hast’s einfach drauf. :-)

Carrot FlowerYou Make Me Real * Rebekka Karijord

Das verlinkte Video setzt das Eigentümliche dieses Tracks fantastisch um: Einige Elemente sind zart, luftig und schillernd, dahinter lauert aber immer wieder leichter Grusel. Obwohl es in den Lyrics um Liebe zu gehen scheint, hat der Track etwas entschieden Weltfernes und Einsames, das seinem Titel zu widersprechen scheint.

Diese Beschreibung macht neugierig. Und wirklich, das ist eine Entdeckung. Schon allein die prägnante, volksliedhafte Melodie, die einem bestimmt auch beim hundertsten Hören noch nicht über ist. Die „Bobacken-Version“ gefällt mir dabei besser als die Album-Version (die ich zuerst gehört habe, weil das Video nicht laden wollte): noch ein bisschen ruhiger, das Klavier prominenter, der Gesang zurückhaltender, der summende Männerchor des Originals ganz zurückgenommen, dafür mit mehr Geräuschen. „Weltfern“ passt ohnehin: „Nothing’s worth keeping here below“. Zugleich aber freundlich und umarmend (der „Schatten“ ist spürbar und wird mitumarmt).

Bei Rebekka Karijord denke ich allerdings an Mondlicht, Moos und Borke, bei Broadcast an staubige Innenräume und zugleich an unendliche Weiten (und spüre da mehr Distanz).

Carrot FlowerSein Stimmungszwilling ist übrigens „Until Then“ von Broadcast.

Daran konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Als ich The Noise Made By People aus dem Regal gezogen habe, musste ich erstmal den Staub wegpusten. Dabei gefällt mir das Stück: Zuerst Trish Keenans ruhige, angenehme Stimme vor dem andersweltlichen, dissonant-schrägen Ostinato, und dann baut der Track sich auf, mit verzerrten Sounds und allem. Er steht vielleicht ein bisschen im Schatten von „Come On, Let’s Go“ und „Echo’s Answer“, ist aber zu gut, um vergessen zu werden, und deshalb mein Song des Tages:

Broadcast – „Until Then“ (2000)

Auch deshalb, weil er in meinem Lieblingstempo daherschaukelt (musikalisch; ich fürchte aber, dass diese musikalische Vorliebe tief blicken lässt). Und weil die lyrics so gut sind (ganz knapp gehalten und offen):

„If you think nothing is yours
And if I think everything belongs to me
How wrong I’ll be
None of us have anything

There’s a place I have never explored
Another world we have yet to conquer
And until then none of us have anything.“

Bedenklich ist: Wenn man in seiner eigenen Plattensammlung Entdeckungen machen kann, besitzt man wahrscheinlich längst zu viele Platten. Woher kommt eigentlich die perverse Neigung, schon wieder nach Neuem zu jagen, während man das, was man hat, zum Teil noch gar nicht richtig kennt?

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To Hell with Poverty