Re: Song des Tages Vol. II

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Irrlicht[B]K.I.Z. Biergarten Eden

„Schwarz/Rot/Gold – wir sind das Volk!/Und wir reiten auf den Schäferhunden Richtung Horizont“

Wer sich mit K.I.Z. nicht näher befasst und auch sonst nicht ein wenig im Bereich des deutschsprachigen Hip-Hop seine Wurzeln geschlagen hat, dem mag nicht nur manche, sondern weitestgehend jede Pointe, jeder Seitenhieb und all der fast bösartige Humor schnell völlig entgehen. Was schade wäre, denn das, was die vier Berliner immer wieder aufstellen, zählt zum besten, was man in diesem Genre innerhalb der Landesgrenzen zu hören bekommt.

„Biergarten Eden“ ist eine Hymne, etwas Groteskes, Thrash in seiner subtilsten Form. K.I.Z. haben ihre Songs zu Themen gewählt, die sie immer mindestens mit dreifachem Boden gestalten können. „Wir sind Papst und das Wunder von Oslo/2006 sah die Welt wir sind nicht verkrampft/Ost und West, Ying und Yang“ – interessant ist allerdings der Gesamtkontext: Die Kritik wird immer wieder zügel- und ziellos, schält blindem Patriotismus die Haut von den Knochen, wirft aber auch mit Spott nach all denen, die befinden, dass man sich als Deutscher noch heute in Grund und Boden schämen müsste. „Den Juden das Geld/den Schwarzen die Mädels/weil wir brauchen nur unseren Spargel aus Beelitz“ – K.I.Z. haben einen Vorteil: Sie haben dem Volk tief in den Mund geschaut, alle Klischees zu Papier gebracht und das Ergebnis ist stets das Selbe: Ein Sammelsurium aus allerlei Abstrusem („unsere Hochkultur von hier bis zum Ballermann bekannt“, „Wir helfen Kids in der dritten Welt, mit Waffen/ne Frau als Kanzlerin, wie fortschrittlich is da’sn?“). Es gibt aber noch einen anderen Punkt, der K.I.Z. auszeichnet: Die Songs. Man kann Botschaften vermitteln, in einer Form, in der das Papierrascheln hörbar wird – was hier passiert ist das Gegenteil: Man singt die Parts selbstvergessen mit, gröhlt zu Deutschlandhymnen, die keine sind, einen Trick, den Carrot Flower schon vor vielen Wochen bei John Maus herausgestellt hat und der jeden einzelnen Auftritt des großen Serdar Somuncu im deutschen Kabarett so einzigartig macht. Man sollte aufpassen, wo man lacht, hinter der Fahne im Dreifarbentakt ist hier ein Spiegel, dahinter schon der Strick. „Wir laufen barfuß auf den Scherben der Reichskristallnacht/wünschen allen Emigranten eine weisse Weihnacht/Doch bevor ihr rein dürft in den Biergarten Eden/gibts noch einigen Papierkram zu regeln“ – noch Fragen?

Nein, keine Fragen mehr. Sehr schöner Text zu diesem Song. :-)

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