Re: Der Wert von Musik an sich

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observer

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otisIn meinen Augen war die Popmusik der letzten 50 Jahre gerade nicht von einem „individualistischen und emotionalen Charakter“ geprägt, im Gegenteil, sie lebte von und in dem Spannungsgefüge ihrer Rezeption.

Das sind zwei verschieden Ebenen, otis. Wenn du die Funtionsweise von Pop-Musik als Massenphänomen betrachtest, hast du Recht. Ich wollte da aber meine Betrachtungsweise beschreiben. Der Wert von Musik besteht für mich darin, dass sie mich auf einer sehr emotionalen, irrationalen Ebene erreicht, die ich oft auch nicht beschreiben kann. Insofern ist ein Werteschema (ob nun auf statistischen Füßen stehend, wie eine Top100-Liste oder auf historischer / musikanalytischer Basis erstellt) völlig irrelevant. Damit möchte ich nicht der Analyse und musikhistorischen Einordnung das Wort reden. Es ist verständlich, dass man nun anfängt, 50 Jahre popmusikalischer Entwicklung aufzurollen und einzusortieren. Aber dieser geschaffene Kanon der wichtigsten Werke bewirkt eine Stromlinienförmigkeit, die dem entgegensteht, was ich an Musikrezeption spannend und individuell finde. Mich verwundert es immer wieder, wenn ich hier im Forum manche Listen lese: Anfang-Zwanzigjährige, die hauptsächlich Dylan, Stones, Beatles als Favoriten aufzählen (das soll bitte niemand persönlich nehmen!). Da kann man natürlich sagen, es sei halt zeitlose Musik, aber Pop lebt für mich auch von Zeitbezug und Identifikation. Das Werten von Musik nach historischer Relevanz und stilistischer Perfektion nach allgemeingültigen Kriterien zerstört (für mich) den Zauber von Musik, nämlich den der individuellen Erfahrung und Aneignung.

Und um Missverständnissen vorzubeugen, ich finde eine theoretische Auseinandersetzung mit Musik nicht überflüssig, mich interessiert das dann aber eher aus einem sozialwissenschaftlichen Blickwinkel.

@mitch: Der kommunikative Austausch über Musik ist doch nur eine Komponente, die das Verstehen und Greifbarmachen der eigenen Rezeption fördert. An erster Stelle steht doch aber das eigene Erleben von Musik. Diese weckt doch in dir erst das Bedürfnis, dies teilen zu wollen. Deshalb sind wir doch hier in diesem Plauderforum.

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