Re: Der Wert von Musik an sich

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otisUnd überhaupt, ist es ein Werrt an sich, wenn man bei allen möglichen Gelegenheiten (Joggen, Busfahren, etc…) per Knopf im Ohr Musik hören kann?
Ich persönlich würde das nicht wollen. Im Auto höre ich auch nur auf langen Autobahnfahrten Musik, bei denen kaum Konzentration auf den Verkehr nötig ist. Ich empfinde es außerdem nicht als angenehm, wenn mir jemand mit Knopf im Ohr gegenüber sitzt. Hört man da oder läuft einfach etwas im Hintergrund? Ist das eine bewusste Abkapselung von der Umwelt?

Das ist gerade die große Chance für die mobile Verwendung der Musik: Man kann sie in völlig neue Kontexte bringen. Es ist eine ganz neue Erfahrung, wenn man z.B. Tschaikowskys Fünfte im Zug zur Uni hört (Die Zeit reicht bei mir exakt), man nimmt sie ganz anders wahr, als würde ich sie in einem Konzert oder zu Hause anhören. Wobei man ja durchaus nicht auf vernünftiges Material verzichten muss, mit guten Kopfhörern ist das ein Genuss.

Oder Manu Chaos Alben während man mit Freunden durch die spanische Pampa fährt…so kommen die Assoziationen zusammen, die für mich Musik erlebnswert machen.

In dieser Hinsicht tue ich mir eben schwer, die „Klassiker“ kennenzulernen, weil sie bei mir in keinem Kontext stehen. Wenn ich sie einmal in einem bestimmten Kontext habe, wie z.B. VU & Nico oder Pet Sounds, zu denen ich persönliche Erlebnisse assoziiere ist mir diese Musik auch etwas wert. Und dabei hilft mir ganz vorzüglich mein iPod. Das Erlebnis, zum Soundtrack von „The Matrix“ bei Sonnenaufgang in einen gefüllten Bahnhof einzufahren oder das Auto zu starten und das „Knight Rider Theme“ zu hören…Musik im Kontext ist in meinem Fall die Motivation, Dinge auszuprobieren. Und dafür gibt es ja berühmte Beispiele, z.B. die Filme von Kubrick: Wer hätte gedacht, dass die „Blaue Donau“ zu einem Raumschiff passt, oder man sich zu Rossinis „Gazza Ladra“-Ouvertüre trefflich vermöbeln kann?

Insofern ist es für mich keine Option, meine Musik ausschließlich zu Hause zu genießen, mein Plattenspieler verstaubt und wird eh nur bei einem gemütlichen Grillabend mit Freunden aktiviert, und ich kann feststellen, hätte ich meine digitale Musiksammlung nicht würde mir viel fehlen, denn nur so habe ich die Möglichkeit, kurzfristig Kombinationen von Musik zu probieren. Es mag nostalgisch schöner sein, alle Platten so auswendig zu kennen, dass die Übergänge bei einem Mixtape, das von CD überspielt wird richtig passen – aber ich höre da lieber mehrmals nach – mit minimalem Zeitaufwand. Musik auf Vinyl ist für mich eine Sammlersache, meine Lieblingsalben habe ich natürlich auf diesem Medium, viele davon sogar signiert, aber im Alltag bin ich da doch bequemer, weil Musikkonsum eben auch zu meinem banalen Alltag gehört.

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